Verleiher: Keine Autos mehr nach Polen

■ Mehrere Wagen auf Nimmerwiedersehen verschwunden, als »rollende Ersatzteillager« ausgeschlachtet oder nur schwer beschädigt zurückgekommen

Berlin. Wer einen Mietwagen braucht, um in ein ehemaliges Ostblockland zu fahren, hat Pech gehabt. Der gesamte Ostblock und insbesonders Polen gilt bei den rund 100 Berliner Autovermietern als heißes Pflaster. Beim Platzhirschen AVIS braucht der Kunde nicht einmal zu fragen, ein Schild mit »do not enter Poland« prangt gleich auf dem Tresen. Die Anweisung gelte seit einem halben Jahr, sagt der Geschäftsführer. Mehrere Autos seien auf Nimmerwiedersehen verschwunden, andere in Warschau ausgeschlachtet, wieder andere schwer beschädigt zurückgekommen. »Unsere Autos gelten dort im günstigsten Falle als rollende Ersatzteillager«, ergänzte er, im besonderen der Audi 80 wäre ein Renner.

Eine Stichprobe bei 25 Autovermietern bestätigt den Befund. Unisono heißt es, für Jugoslawien, Rumänien und Polen seien die Wagen zu teuer, sie würden schon nach einem Tag geklaut, über Rumänien in die GUS-Länder verscherbelt, oder ohne Reifen und Lenkrad stehengelassen. Entsprechende Erfahrungen melden Autohansa, Inter Rent und Europacar, dem Autohaus Lex sei gar jedes zweite Auto, daß 1991 nach Polen vermietet wurde, abhanden gekommen. Die Mehrzahl der Firmen allerdings entscheiden präventiv. Böse Selbsterfahrungen haben sie nicht gemacht. Sie verleihen keine Wagen, weil sie gestohlen werden könnten, weil andere Autohäuser dies auch nicht tun oder die Versicherungen nicht mitspielen würden — eine Aussage, die sämtliche Versicherungsgesellschaften bestreiten. Eine Anti-Polenklausel gebe es bei ihren Verträgen nicht. Das Problem sei vielmehr, daß die großen Autogesellschaften sich oft überhaupt nicht oder unterversichern, daß heißt, ihr Risiko selbst trügen.

Für die Autovermietung Hertz ist das Risiko jedoch nicht zu hoch. Neben der kleinen Kreuzberger Gesellschaft Krisch-Car, sind sie die einzigen, die grünes Licht auch für Autos nach Polen geben. Allerdings mit einer Einschränkung; vermietet werden nur preisgünstige Fordmodelle. Man habe »Feldforschung« in Polen betrieben, sagt der Geschäftsführer der Frankfurter Hertz-Hauptzentrale, und sich vor allem auf den Gebrauchtmärkten umgeschaut. Dabei habe man festgestellt, daß diese Wagen Ladenhüter seien, weil es kein Service-Netz gebe und die Ersatzteile nicht »zu mixen« seien. Seit Hertz nur Fords in den Osten anbietet, haben sie mit dem Polengeschäft keine Probleme mehr.

Wie viele Mietautos aus Berlin während einer Polenfahrt tatsächlich verschwunden sind, kann auch die Polizei nicht sagen. Bei der »Fachdienststelle« gemeldet werden nur »teure«, das heißt maximal zwei Jahre alte Wagen, die nicht im Ausland, sondern hier geklaut worden sind. 1991 waren das 1.500 Autos. Experten der Versicherungsgesellschaft HUK-Coburg aber schätzen, daß zwischen Sommer 1990 und 1991 rund 800 Berliner Mietwagen nie mehr zurückkamen. aku