Asylverfahren als Wettlauf gegen das Stundenglas

■ Einwöchige Frist für ein schriftliches Verfahren gibt es ansonsten in der BRD nicht/ Gerichte bleiben langsam

Berlin (taz) — Der Beamte stempelt „Offensichtlich unbegründet“ auf einen Asylantrag. Der Countdown läuft. Innerhalb von einer Woche muß der Asylbewerber beim Gericht einen Eilantrag stellen und die Begründung gleich mitliefern; hat er die Frist verpaßt, droht ihm sofortige Abschiebung. Da das Bundesamt die Akten nicht zuschickt, können Anwälte nur an Ort und Stelle Einsicht nehmen — „und dann sind die Akten oft gerade auf dem Weg vom Amt zum Gericht und somit nicht zugänglich“, schildert Hanswerner Odendahl, Sprecher einer AnwältInnen-Initiative gegen die weitere Aushöhlung des Asylrechts die Folgen des geplanten Gesetzes.

Eine einwöchige Frist sei „einmalig für ein schriftliches Verfahren“, bei dem ja sogar noch ein bis zwei Tage für den Postweg einberechnet werden müßten, erklärt Odendahl — und das bei einer Entscheidung, die für die Betroffenen das Leben bedeuten kann und wobei es sich um Menschen handelt, die im allgemeinen weder mit der deutschen Sprache noch Bürokratie vertraut sind. Antwortet ein Asylbewerber auf irgendein amtliches Schreiben nicht innerhalb von Monatsfrist, gilt sein ganzer Asylantrag als zurückgenommen. Dabei sind auch noch „verschärfte Zustellungsbedingungen“ vorgesehen: Der Asylbewerber ist verantwortlich, daß die Post bei ihm ankommt; wird er von einem Lager ins nächste geschoben, muß er sofort allen vorherigen Stationen seinen neuen Aufenthaltsort melden. Sobald die Verantwortung dann bei den Behörden und Gerichten liegt, wird nicht mehr gehetzt. Das Bundesamt braucht zwischen 3 und 14 Monaten, um zu einer Entscheidung zu kommen. Klagt der Asylbewerber gegen eine Ablehnung, muß er oft Jahre auf ein Urteil warten. „Bei mir hier in Nordrhein-Westfalen läuft da nichts unter vier Jahren“, berichtet Odendahl aus seiner Praxis. Und auch die geplante Reduzierung der Kammer von fünf auf einen Richter bringt nur einen „minimalen Zeitgewinn, aber eine enorme Rechtseinschränkung“. Der Einspruch gegen den Richterspruch soll dann hingegen wieder nur zwei Wochen lang möglich sein. aje