: Die kroatische Falle
■ Der UNO-Sicherheitsrat beschloß die Entsendung von Blauhelmen nach Kroatien
Die kroatische Falle Der UNO-Sicherheitsrat beschloß die Entsendung von Blauhelmen nach Kroatien
Noch ist das Terrain unsicher, auf dem sich die UNO-Truppen in Jugoslawien bewegen werden. Denn weder in Zagreb noch in den umkämpften Gebieten Kroatiens sind alle Widerstände überwunden. Vor allem die Serben der Krajina wehren sich mit Händen und Füßen gegen ihre Entwaffnung. Schwerer wiegen jedoch die Einwände der kroatischen Regierung. Denn für Kroatien geht es um nichts weniger als um den Erhalt des neuen unabhängigen Staates in seinen bisherigen Grenzen. Der Weltsicherheitsrat hat in seiner Resolution nicht einmal den Namen Kroatien erwähnt und damit in Zagreb die Befürchtungen verstärkt, mit dem Einsatz der UNO-Truppen werde den Status quo festgeschrieben. Präsident Tudjman gerät zunehmend auf Schlingerkurs. Einerseits will er die Kampfhandlungen mittels der UNO-Truppen beenden, andererseits „keinen Meter kroatischen Bodens“ preisgeben. Rechte wie liberale Opponenten argumentieren zunehmend mit nationalistischen Parolen gegen ihn. Die Kriegsfraktion gewinnt an Boden.
Der einzige Ausweg für die kroatische Regierung wäre eine Garantie der Weltorganisation, die von der jugoslawischen Armee besetzten Gebiete wieder unter kroatische Kontrolle zu stellen. Diese Garantie kann ihr die UNO jedoch nicht geben. Denn mit ihr hätte Serbien dem Blauhelmeinsatz niemals zugestimmt. Und da die USA, die bisher Kroatien nicht einmal diplomatisch anerkannten, mehr Sympathien für die serbische Seite spüren ließen, ist Tudjman auf die Unterstützung aus der EG und damit vor allem Deutschlands angewiesen. In Anbetracht dieser Konstellation fiel es Genscher diesmal leicht, Tudjman die bedingungslose Zustimmung zum Blauhelmeinsatz abzuringen. Und angesichts der Position der Vereinigten Staaten ist der deutschen Außenpolitik auch gar nichts anderes übrig geblieben. Wer könnte denn in Bonn eine ernsthafte Konfrontation mit den USA wagen wollen?
Doch noch ist auch diese Gefahr nicht völlig verschwunden. Die Zustimmung Tudjmans fiel leise aus. Seine innenpolitische Position könnte um so leichter erschüttert werden, je geringer die Aussichten Kroatiens werden, den Status quo ante wiederherzustellen. Da sich die deutsche Politik Kroatien verpflichtet hat, muß sie in höchstem Maße interessiert sein, Tudjman gegen die Kriegsfraktion in Schutz zu nehmen. Es ist höchste Zeit zu erkennen, daß die bedingungslose Unterstützung Kroatiens für die deutsche Außenpolitik nur dann nicht gefährlich wird, wenn die politischen Verhandlungen um die Zukunft Kroatiens in einem europäischen Rahmen verhandelt werden. Dazu bedarf es aber der Zustimmung der USA. Erich Rathfelder
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