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SPD streitet um Diätenerhöhung

■ Fraktion gegen die sozialdemokratische Partei: Neue Eigenmächtigkeit

SPD-Fraktionsführer Claus Dittbrenner beruft sich auf den Beschluß eines Landesparteitages im Jahr 1988. „Damals hat die Partei uns aufgefordert, das in Eigenregie zu entscheiden.“ Das, das sind die Abgeordnetenentschädigungen, die laut Bürgerschaftspräsidium heute erhöht werden sollen. Die Fraktion der Sozialdemokraten ist, ebenso wie FDP, CDU, dafür. Bei den Grünen und einzelnen SPD-Abgeordnete regt sich Widerstand.

Schwierigkeiten mit dem Fraktionsbeschluß hat zum Beispiel die Vorsitzende des SPD-Unterbezirkes Bremen-Ost, Christine Wischer. „Es ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, die Diäten zu erhöhen, es wäre sinnvoller, eine solche Entscheidung noch einmal zu verschieben“, erklärte Wischer, die neben ihrem UB-Vorsitz auch Abgeordnete ist. Auf absehbare Zeit, auch nicht nach der Haushaltsdebatte, sei ein solcher Schritt in der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, argumentierte sie.

Schwierigkeiten hat auch die Vahrer Bürgerschaftsabgeordnete Ilse Mehrkens. Sie kündigte an, gegen das Fraktionsvotum zu stimmen. „Ich kann gar nicht anders, als gegen die Erhöhung zu stimmen. Was da an Mehrkosten demnächst auf die Bürger zukommt, ist nicht zu rechtfertigen, wenn eine der ersten Amtshandlungen dieses Parlaments darin besteht, die eigenen Aufwandsentschädigungen zu erhöhen.“

Beide Fraktionsmitglieder berufen sich auf den kommissarischen Landesvorsitzenden der Bremer SPD, Horst Isola. Der hatte, eingedenk der neuen Reformlinie in der SPD dringend gefordert, das Votum der Partei einzuholen, bevor die Bürgerschaftsfraktion entscheidet.

Bei den anderen Bürgerschaftsfraktionen ist die geplante Erhöhung beschlossene Sache. „Von Erhöhung kann man kaum sprechen“, erklärte CDU-Fraktionschef Peter Kudella. Die „Angleichung“ käme erstens ein halbes Jahr zu spät (1.1.92 statt 31.7.91) und zweitens dauere sie ein halbes Jahr länger (bis 31.12.1992), „so daß effektiv kaum mehr als ein Prozent übrig bleiben wird.“

Und auch die FDP hat keine Bauchschmerzen mit der erhöhung: „Es ist doch klar, daß die Angleichung mit der Sparquote im Haushalt zusammengeht“, erklärte Axel Adamitz. „Es ist schon komisch, wenn sich Redakteure, die mit 6.000 Mark nach Hause gehen, über diese läppischen Beträge aufregen.“

Die Bremer Grünen wollen jetzt gegen eine Diätenerhöhung stimmen, bei den Haushaltsberatungen im Herbst aber vermutlich dann dafür. mad

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