Sechs Jahre Haft im Koblenzer Skin-Prozeß

Koblenz (taz) — Wegen Totschlags mit bedingtem Vorsatz hat die Jugendkammer des Koblenzer Landgerichts den früheren Skinhead Alexander T. (20) am Dienstag zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren verurteilt. Tieze hatte am 28.Dezember 1990 den 18jährigen Kurden Nihad Yussufoglu in Hachenburg (Westerwald) erstochen. Der Forderung der als Nebenklägerin auftretenden Familie Yussufoglu, die Tat als Mord zu werten und den Angeklagten für zehn Jahre ins Gefängnis zu schicken, folgte die Kammer nicht. In seiner weitgehend an der Argumentation von Verteidigung und Staatsanwaltschaft angelehnten Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter, Heinz Dietrich, die Tat sei „aus einer seit längerem bestehenden Fehdesituation zwischen deutschen und kurdischen Jugendlichen“ entstanden. Am Tattag sei es zu einer verabredeten Schlägerei zwischen den Gruppen gekommen, in dessen Verlauf T. zugestochen habe. Die Brüder des Getöteten hatten das bestritten und von einer gezielten Aktion gesprochen. Zwar sei der „Kammer klar, daß ein gewisser ausländerfeindlicher und rassistischer, möglicherweise auch rechtsextremistischer Hintergrund“ bei T. bestanden habe. Weil dem Angeklagten jedoch nicht zweifelsfrei habe nachgewiesen werden können, daß er zum „Zeitpunkt des Messerstiches rassistische Motive verinnerlicht“ hätte, sei das Mordmerkmal der niederen Beweggründe nicht erfüllt. Tieze hatte im Verlauf des Prozesses Kontakte zur neofaschistischen „Taunusfront“ und zur Skinhead-Szene aus dem Saarland eingestanden. Staatsschutzbeamte hatten bestätigt, daß schon vor der Tat wegen „Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen“ gegen ihn ermittelt wurde. Zur Tatzeit will Tieze allerdings bereits aus der rechten Szene ausgestiegen gewesen sein. Nur wegen des Besuchs von auswärtigen Skinheads habe er am Tattag noch einmal das alte Outfit angelegt. Thomas Krumenacker