Homolulu in Berlin

Berlin (taz) — Nach der 750-Jahr- Jubelfeier (1987) und dem Spektakel als Europäische Kulturhauptstadt (1988) steht Berlin in diesem Jahr wieder ein internationales Großspektakel ins Haus. Am 3.Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, veranstaltet das Schwulenmagazin 'magnus‘ das einwöchige bundesweite Schwulen-Meeting „Homolulu“.

„In den letzten dreizehn Jahren hat es für die spezialisierten Schwulengruppen kein Forum mehr gegeben“, begründet 'magnus‘-Redakteur Klaus Lucas das gewagte Projekt. Damit die vielfältige schwule Infrastruktur einmal durchleuchtet werden kann, werde sich Homolulu vom sektlastigen Christopher Street Day und den lahmen ILGA-Konferenzen unterscheiden.

Auf dem Planungsbrett stehen neben politischen Diskussionen auch Sportwettkämpfe, Lesungen, Film-, Theater- und Show-Festivals, die über die ganze Stadt verteilt stattfinden sollen. Keine Schwulenszene soll ausgegrenzt werden, verspricht Klaus Lucas. Denn von Homolulu erhofft er sich insbesondere eine Antwort auf die Frage, welche Gemeinsamkeiten in der Schwulenbewegung noch bestehen.

Den Namen Homolulu habe man ganz bewußt ausgewählt, so 'magnus‘-Verleger Albert Eckert, um an die Tradition anzuknüpfen. Zum ersten Mal fand Homolulu 1979 in Frankfurt/Main statt. Auf diesem Treffen wurden viele Ideen für mittlerweile etablierte Schwulenprojekte wie das Waldschlößchen ausgeheckt. Ein Nachfolgetreffen habe allein deshalb seine Berechtigung, weil nun auch die Schwestern aus dem befreiten Teil Deutschlands dabeisein könnten.

Doch das Interesse der schwulen Neufünfländer ist noch gering. Auf einem Vorbereitungstreffen im Berliner Homo-Switchboard „Mann- O-Meter“ saßen zwar alle verdienten Veteranen der westlichen Schwulenbewegung beisammen, die Ostberliner Koryphäen glänzten jedoch überwiegend durch Abwesenheit. Nichtsdestotrotz setzen die Versammelten ein Vorbereitungskomitee ein, das monatlich eine Homolulu- Benefizparty organisieren, den Senat und die Szene anbetteln sowie die Planung insgesamt voranbringen soll.

„Dieses Homolulu nimmt Ausmaße an, auf die man reagieren muß“, hieß es dazu bereits an schmuddeligen Kreuzberger Kneipentischen.

Teile der linken und autonomen Schwulenszene können dem internationalen Homo-Treffen überhaupt nichts abgewinnen. Sie sehen keine Gemeinsamkeiten mehr mit schwulen Sozial- oder Christdemokraten und erhoffen sich von der Diskussion auch keinen Gewinn. Statt dessen überlegen sie, ob sie zum Homolulu- Treffen Berlin verlassen oder subversive Pläne schmieden sollen. Angemessen scheint wohl das letztere. Denn was wäre ein internationales Berliner Großspektakel ohne eine Boykottbewegung? Micha Schulze