129a-Verfahren gegen Besetzer

Generalstaatsanwaltschaft in Celle schreibt an Anklage gegen 16 'Spiegel‘-Besetzer wegen vermeintlicher „Unterstützung der RAF“/ Die Jugendlichen hatten für Zusammenlegung protestiert  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Einem Großprozeß auf Grundlage des Gesinnungsparagraphen 129a gegen 16 angebliche Unterstützer der RAF sieht das rot-grün regierte Niedersachsen entgegen. Die Generalstaatsanwaltschaft in Celle will demnächst Anklage wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gegen 16 Besetzer des hannoverschen 'Spiegel‘-Büros erheben, die im vergangenen Juli gegen einen denunziatorischen 'Spiegel‘-Artikel protestiert hatten, der aus hannoverschen Rechtsanwälten kurzerhand RAF-Kuriere machte. Wie die Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft gestern mitteilte, wird in Celle zur Zeit die Abschlußverfügung des Ermittlungsverfahrens gegen die 16 Besetzer geschrieben. Über den Inhalt dieser Schrift wollte die Sprecherin allerdings noch keine Auskunft geben, bevor sie den 16 Beschuldigten zugestellt ist. Zur Begründung des 129a-Vorwurfs gegen die Besetzer dient der Generalstaatsanwaltschaft bisher vor allem eine Erklärung, die die jungen Leute während ihrer eineinhalbstündigen Aktion gegen den 'Spiegel‘ per Fax verbreitet hatten. Ausführlich setzte sich diese Erklärung mit der „Rufmordkampagne“ und der „Medienhetze“ gegen zwei hannoversche Rechtsanwälte und eine Rechtsanwältin auseinander, denen im 'Spiegel‘ Kurierdienste zwischen den Gefangenen aus der RAF und der RAF- Kommandoebene unterstellt worden waren. Dem Nachrichtenmagazin war kurze Zeit später die Wiederholung dieser Unterstellungen gerichtlich untersagt worden. In einer kürzeren Passage der Erklärung heißt es außerdem, daß in der BRD eine „politische Situation“ entstanden sei, „in die auch die Aktionen der RAF gegen Herrhausen, Neusel und Rohwedder politisch intervenieren, Polarisierung und Orientierung schaffen gegen das westdeutsche Kapital“. Die Erklärung fordert ansonsten lediglich die „Zusammenlegung der Gefangenen aus der RAF und Widerstand und aller Gefangenen“ und wendet sich schließlich gegen die „Kriminalisierung der Zusammenlegungsforderung“. Ein Sprecher des 'Spiegel‘ in Hamburg betonte gestern, daß das Nachrichtenmagazin im Anschluß an die von der Polizei beendete Besetzung keine Strafanzeige erstattet habe. Auch ein hannoverscher 'Spiegel‘, der im Sommer Strafantrag wegen Körperverletzung gegen die Besetzer gestellt hatte, kündigte gestern an, daß er diesen Strafantrag zurückziehen wolle, weil aus handgreiflichen Auseinandersetzungen keine dauernden Schäden davongetragen wurden. Zu der Rangelei mit dem Korrespondenten und in der Folge zu dem schnellen Ende der eigentlich länger geplanten Aktion war es gekommen, weil der Korrespondent sich gegen das Durchwühlen seiner Redaktionsunterlagen gewehrt hatte.