Speckig, gewalttätig, glänzend

■ Der Maler und Musiker Don Van Vliet alias Captain Beefhart stellt seine in der Mojave-Wüste gemalten Phantasien in der Galerie Haas aus

Don Van Vliet ist Captain Beefheart. Er malt so wenig prätentiös, wie A.R. Penck trommelt, und musiziert auch schon lange nicht mehr. Dafür sind Penck und Van Vliet mittlerweile gute Freunde und tief verbundene Künstler in der Seilschaft alter Männer, über die der Galerist Werner in Köln wacht.

Ihre Bilder ähneln einander. Auf den ersten Blick lassen sich die in der Galerie Haas ausgestellten Exponate einem naiven Expressionismus zuordnen. Jeder aufgetragenen Farbschicht ist ein fühlbarer Kampf mit dem Pinsel vorausgegangen, die Leinwand wird immer noch als Feindesland empfunden.

Van Vliet hat in einem Interview bekannt, daß Malen für ihn »Ausfüllen des Leerraums zwischen gegensätzlichen Begriffen« bedeutet. Die Opposition bildet er aber in Wirklichkeit schon am Anfang des Malakts selbst. Mit weiten weißen Flächen läßt er tiefes Schwarz kontrastieren. Zwischen diesen einfachen Spannungspolen entstehen im Anschluß die eigentlichen Bildgegenstände. Sie erscheinen unterschwellig, wie der Wels in Aspirin Keeps Catfish Alive (1989), nur bei andauerender Betrachtung auf dem Grund. Darüber stapelt Van Vliet zahllose Bildebenen aus skripturalen Strichmotiven und Tiersymbolen, die nie ganz zu Ende geführt werden.

Ganz anders als in der Musik des Captain Beefheart halten jedoch in den Bildern von Don Van Vliet alle Abwege und Irritationen kompositorisch eine beinahe statische Harmonie ein. Die Sujets finden im chaotischen Farbgewirr zu erstaunlicher Ruhe, selbst wenn ein feuerrot leuchtender Affe förmlich aus dem Bildzentrum herausplatzt (Red Ape No. 2). Auf Feather Times a Feather (1987) bleiben die versprengten Gesichter, Tiergestalten und die Gebärdensprache der Farbe miteinander in der Schwebe. Alles scheint nach einer geheimen Melodie zu tanzen. Auf den Vergleich seiner Bilder mit Jamsessions in der Musik angesprochen, hat Beefheart geantwortet: »A lot of people can't hear my paintings.«

Doch Musik, selbst der Blues, den Beefheart einst so leidenschaftlich spielte, lebt nicht vom Taktgefühl allein. Auf den Bildern wird aus dem hinreichenden Kriterium der Melodie das notwendige der Farben. Sie brennen wie Schnaps oder Sonne und machen auf Dauer blind. Unter solchen Bedingungen hat Van Vliet die vergangenen Jahre eremitisch in der Mojave-Wüste verbracht, in der Abgeschiedenheit sind die neuesten Arbeiten entstanden: Cactus Blanch und Boat and Locks (No. 2). Dort erweisen sich alle Farben als Qual. Wenige Grün- und unendlich viele Ockertöne, durchweg alla prima aufgetragen, glänzen speckig und gewalttätig. Man sieht die Spuren des Malermessers deutlich.

Wenn das Galerielicht auf die zerklüftete Oberfläche fällt, so stechen die Farben ins Auge, wie es Don Van Vliet in der Wüstensonne bis zum Irrsinn erlebt haben mag. Irgendwo zwischen Halluzination und Vision findet sich die heidnische Welt wieder, die er malerisch nachzeichnet. Der besondere Reiz liegt in deren Bändigung kurz vor dem Ausbruch, in der Haltung des Künstlers, Sinnzusammenhänge weniger zu stiften als zu verwahren, sie in die eigenen Phantasmagorien einzusperren und dort zu hüten. Eine Aufgabe, die eines himmelstragenden Atlas würdig wäre.

Manchmal ist Captain Beefheart aber einfach auch nur Maler: Wenn er die Farbe in dünnen Streifen direkt aus der Tube auf das Bild drückt, die das Dargestellte wie mit Nervensträngen überziehen und gleichsam den Malprozeß freilegen. Es könnten aber genausogut Lebenslinien sein, die ihm der große Manitu gewiesen hat. Ein bißchen Beefheart flackert auch im Künstler namens Don Van Vliet. Harald Fricke

Galerie Haas, Niebuhrstraße 5, Charlottenburg, bis 21. März: mo.-fr. 10-12.30, 14.30-18.30, sa. 11-14 Uhr.