SPD fürchtet Ansturm polnischer Händler

■ Die SPD-Abgeordnete Helga Thomas befürchtet einen neuen »Polenmarkt«/ Polizei zählte am Wochenende rund 200 polnische Händler/ Bündnis 90/Grüne werten SPD-Vorstoß als Panikmache

Berlin. Die Reinickendorfer SPD- Abgeordnete Helga Thomas befürchtet eine Wiederkehr des »Polenmarkts«. Im Innenausschuß des Parlaments läßt sie keine Minute aus, um Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Thomas' Beobachtungen zufolge habe sich nicht nur die Situation am Kreuzberger Krempelmarkt in letzter Zeit »verschlimmert«, sondern sich das Handeln auch zum Alexanderplatz, nach Schöneweide und auf die Bornholmer Brücke verlagert. Vor allem mit Beginn des Frühlings müsse sich Berlin auf eine »neue Welle« polnischer Handelstouristen einstellen, so die SPD-Abgeordnete.

Dem Innensenator und dem Polizeipräsidenten wirft Helga Thomas vor, auf die Situation nicht angemessen zu reagieren: »Die Polizei ist nicht in der Lage, das restlos wegzuräumen«, kritisiert die SPD-Politikerin. »Ehe es zu spät ist«, müßten die Ordnungshüter härter durchgreifen und an den Brennpunkten häufiger patrouillieren. »Menschlich tut mir das leid, aber dieser Handel ist nun mal nicht legal.«

Unterdessen weist die Innenverwaltung die Vorwürfe der SPD-Abgeordneten zurück und mahnt zur Gelassenheit. »Es gibt keine Anzeichen für einen neuen Polenmarkt«, erklärte Heckelmanns Sprecher Hans-Burkhard Richter. Am letzten Wochenende seien am Krempelmarkt insgesamt 200 Polen gezählt worden, am Wochenende davor nur 10 bis 20. Der letzte richtige »Ansturm« polnischer Händler liege schon zwei Monate zurück: Am 21. und 22. Dezember seien rund 5.000 zum Reichpietschufer gekommen, denen die Polizei 160.000 Zigaretten und 100 Kilogramm Lebensmittel abgenommen habe. Zu Hochzeiten des »Polenmarkts« waren noch täglich 15.000 handelnde Polen vor Ort, sagte Richter.

Nichtsdestotrotz bekräftigte Innensenator Heckelmann seine Politik, die Situation am Krempelmarkt weiter zu beobachten und notfalls »durch wirksame Maßnahmen das erneute Entstehen eines illegalen Marktes zu verhindern«. Nach Einschätzung seines Sprechers Richter komme Frankfurt/Oder für eine solche Entwicklung jedoch viel eher in Frage als Berlin.

Während sich der SPD-Fraktionssprecher Peter Stadtmüller voll hinter Thomas' Engagement stellte [Hurra! Der zweite SPD-Politiker mit Profilneurose! d. säzzer], sieht der Abgeordnete Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Grüne) diesen Vorstoß »im Bereich der Panikmache«. Auch bei schönem Wetter habe er im vergangenen Jahr keinen neuen großen »Polenmarkt« entdecken können. Sollte es dennoch wieder zu einer regen Handelstätigkeit kommen, lehne die Fraktion Bündnis 90/Grüne härtere Polizeimaßnahmen grundsätzlich ab. Statt dessen würde sich Wieland für die Legalisierung des Marktes stark machen. Im rot-grünen Senat hatte sich die AL mit diesem Vorschlag nicht durchsetzen können. Micha Schulze