»Von Rechts wegen gehörense hintern Herd«

■ Ganz Berlin in einer Taxe/ Die Taxifahrerin (Teil 8)

Guten Tag, bringen Sie mich mal schnell zur BMW- Vertretung nach Halensee. Wo fahren Sie denn lang? Ne, ne, Frollein, da biegense mal ganz schnell links ab, damit wir auf den Ku'damm kommen. Zeit ist Geld. Und da gibt's ja die Busspur, die benutze ich sonst auch. Obwohl, die wird zusehends teurer für mich.

Das finden Sie richtig? Das kann ich mir vorstellen, wer hat denn heutzutage noch Grips im Kopf? Dann haben Sie sich hier aber auch noch keine Gedanken darüber gemacht, wer das Ganze hier eigentlich bezahlt! Ich bin nämlich einer von diesen Idioten, die jeden Monat Zigtausende zum Finanzamt tragen, und da soll ich es mir gefallen lassen, daß die mit meinem Geld Verkehrshindernisse bauen, in denen ich dann im Stau stehe?? Ne, ne, Frollein, so nicht, nicht mit mir!

Der ganze Laden wäre längst zusammengebrochen, wenn es nicht solche Spitzenleute gäbe wie mich: Hätten die gar kein Geld, um Busspuren einzurichten oder meinen Sie etwa, mit Ihren paar Steuermärkern könnten die solche Zicken drehen? Das würde noch nicht mal für die Farbe reichen!

Was meinen Sie? Ob ich einen Vorschlag hätte, wie man den Verkehr bewältigen kann? Und ob ich den habe: Bis auf ein paar Ausnahmen müßten alle Autos von der Straße!

Da sind wir endlich einer Meinung? Na sehen Sie!

Läppische Benzin- und Steuererhöhungen bringen nämlich gar nichts, der »Kleine Mann« verdient zuviel, kriegt alles in den Arsch gesteckt, und die Verantwortung tragen wir!

Ein Gesetz muß her, das es nur noch den Leuten gestattet, ein Auto zu halten, die wirklich eins brauchen. Denn es sind doch nur ein paar tausend, die unser System aufrechterhalten. Ich zum Beispiel habe wieder 40 Arbeitsplätze geschaffen! Und da soll ich wie die ganzen Habenichtse über den Ku'damm schleichen?

Diese Leute müßten alle dazu gezwungen werden, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, da könnte man von mir aus zwei Busspuren nebeneinander legen. Ein Verdienstminimum müßte her, sagen wir mal, jeder, der weniger als 150.000 DM im Jahr verdient, muß auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Warum werden Sie denn so sauer, Sie wären davon doch gar nicht betroffen, das Taxigeschäft würde dann einen unglaublichen Aufschwung erleben, und Sie würden ein paar Kröten mehr verdienen.

Sie haben keine Lust mehr, sich solch einen Blödsinn anzuhören? Kein Wunder, daß Sie auf der Taxe sitzen!

Mann, geben Sie doch mal Gas, warum lassen Sie den denn jetzt vor, wie der schon aussieht, sieht man doch gleich, daß es sich um ein unnützes Glied der Gesellschaft handelt!

Jetzt will ich Ihnen mal was erzählen: Dreimal hat man in den letzten vier Wochen in mein Büro eingebrochen. Die Bullen wissen das, und was passiert? Gar nichts: Bis 23 Uhr bin ich gestern dort geblieben und habe in der Zeit nicht einen Streifenwagen vorbeifahren sehen! Nach drei Einbrüchen!

Da hat's mir gelangt, ich rüber zu denen, die nächste Wache ist um die Ecke, und wissense, was ich da vorfinde?

Sechs in sich reinmampfende Kebab-Bullen, und die Glotze lief auch noch!

Denen habe ich aber Dampf unter den Füßen gemacht: Ihr sitzt hier und freßt Scheiße, während ich bis Mitternacht im Büro sitze, um die Steuergelder auszurechnen, damit ihr euer Gehalt kriegt? Was glaubt ihr, eigentlich, wofür ich euch bezahle! Wenn noch einmal bei mir eingebrochen wird, leg ich euch einzeln um!

Alles Arschlöcher, in meinem System müßten die als erstes zu Fuß zum Dienst kommen, dürften nicht mal den Bus benutzen, damit die mal 'n bißchen Kondition kriegen, die Jungs.

Ne, ne, Frollein, lassen 'se mal gut sein, Sie haben wenig Ahnung vom Leben, Sie sind 'ne Frau, von Rechts wegen gehörnse hintern Herd und nicht in die Taxe! Irgendeinen Sozialjob würde ich ja noch honorieren, bin ja kein Unmensch.

So, hier könnse dann anhalten. Barbara Freisleben