EUROSPALTE: Euro! Disney! Land!

■ Dringlicher Antrag in Sachen EG-Hauptstadt

Ein Fußtritt noch, und bald sind wir Europäer. Hurra! Hurra! Hurra! Doch wie so oft in großen Zeiten finden kulturelle Ereignisse nicht immer die ihnen gebührende Aufmerksamkeit. Deshalb soll an dieser exponierten Stelle daran erinnert werden, daß am 12. April „Eurodisneyland“ eröffnet wird. 1.943 Hektar Zementgebirge, Lagunen, Main Streets und fliegende Elefanten.

Niemand zweifelt mehr daran, daß, was hier auf den Rübenäckern des Marnetals herangewuchert ist, als die herausragende Leistung der zweiten, der „europäischen“ Amtszeit des Musenfreunds Mitterrands in die Annalen eingehen wird. So hat die sozialistische Regierung das Projekt auch entscheidend mitfinanziert und die Bauern von den Äckern gejagt, nachdem die Entenhausener dem Pariser Kulturminister erklärt haben, daß viele der Comicfiguren „ihren Ursprung in der europäischen Kultur“ hätten.

Der Hinweis ist überflüssig. Nirgendwo paßt ein Disneyland besser hin als in das Herz Europas, 35 Kilometer östlich seiner Kulturhauptstadt Paris. Nicht nur, weil ohne Rücksicht auf Nationalität auch deutsche, luxemburgische, belgische „Cast members“ in den Micky-Kostümen stecken, im Takt die Pfoten heben wie in Maastricht und dazu mit den Mäusemasken wackeln.

Nicht nur, weil EG-Europa allen Kolloquien und subventionierten Preisschreibern zum trotz ein Hypermarkt werden wird. Mit einem großen Sortiment an Standardkäse. Als Palliativ jede Menge „Euro-Kultur“, die von der Decke tropft. Und wenn sich der kleine Michel (Jean, Sergio...) in der bunten Warenwelt verläuft, ihm vom Klingeln der Kassen die Ohren flirren, dann kann er am Ausgang abgeholt werden. Bauernfänger gibt's genug.

Nein. Europa hat Eurodisneyland verdient. Eurodisney ist der kleinste, aber dafür eben gemeinsame und einzige Nenner der zwölf europäischen Kulturen. Solange 323 Millionen noch in acht verschiedenen Sprachen dichten und denken, wird die Bilder- und Blasensprache herrschen. Das einzig Verbindende der Europäer ist nunmal die Weltkultur — und die ist universell und hört nicht hinter der Bretagne auf. Wenn schon EURO, dann auch Eurodisney. Wo liegt Brüssel, wo Straßburg? Eurodisneyland muß Hauptstadt werden. Alexander Smoltczyk