Für privatrechtlich ausgerichtete Spiele

■ Olympia-GmbH-Chef Axel Nawrocki über Botschafter und Bilanzen seines Unternehmens

taz: Herr Nawrocki, die Akzeptanz für Olympia ist in der Stadt relativ gering. Was werden Sie tun, um den olympischen Geist zu verbreiten?

Nawrocki: Ich teile Ihre Auffassung überhaupt nicht, daß die Akzeptanz gering ist. Sie ist absolut besser, als sie noch vor vier Wochen war, das wissen wir aus Befragungen. Daß sie längst noch nicht so ist, wie wir es gerne hätten, das ist richtig, und wir arbeiten darauf hin, daß sie besser wird.

Um den olympischen Gedanken zu verbreiten, aber auch, um Einfluß auf das IOC zu gewinnen, haben Sie die ehemaligen Bürgermeister Berlins angesprochen. Was wird deren Aufgabe sein?

Wir haben die ehemaligen Bürgermeister eingeladen, um sie über den Stand der Olympiabewerbung zu informieren, und ein Teil dieser Herren ist durchaus in der Lage, aufgrund seiner internationalen Reputation Aufgaben zu übernehmen, um die Bewerbung voranzutreiben.

Sie sind Geschäftsführer einer landeseigenen Firma, die die Olympiabewerbung betreibt. Würden Sie dafür plädieren, daß auch das Unternehmen, das nach dem Spruch des IOC die Olympischen Spiele vorbereitet und dann durchführt, der öffentlichen Hand gehören soll?

Ich würde sehr nachhaltig dafür plädieren, andere Formen zu finden, und sollte ich beauftragt werden, die Spiele dann zu organisieren, werde ich mit aller Kraft darauf drängen, daß es eine rein privatrechtliche, wirtschaftlich ausgerichtete Gesellschaft ist.

Ich könnte mir derzeit aber nicht vorstellen, selbst für andere Aufgaben zur Verfügung zu stehen.

Käme das Land Berlin dann nicht in den Ruf, Vorleistungen erbracht zu haben, ohne nachher von dem Nutzen zu profitieren?

Das ist eine Frage der Rechtskonstruktion, wie eine solche Gesellschaft nachher ihre Anteile überträgt, wer welche Gewinnausschüttungsverträge bekommt. Das läßt sich auf Heller und Pfennig ausrechnen.

Können Sie sagen, was Berlin an Verlust verzeichen muß, wenn es im September 1993 nicht den Zuschlag vom IOC erhält.

Das wird man in den Monaten danach errechnen. Dabei wird man auch kalkulieren müssen, daß es immaterielle Werte gibt: Wieweit die Bewerbung der Stadt insgesamt genutzt hat, als Stadtmarketing, das müßte man dann sauber ausrechnen.

Das würde auf der anderen Seite des Saldos stehen. Doch wie hoch wären Ihre Verluste?

Ich müßte die Zuwendungen meiner GmbH hochrechen, das sind rund 40 bis 50 Millionen Mark möglicherweise.

Dazu kämen die Baumaßnahmen.

Die Baumaßnahmen finden auf jeden Fall statt, unabhängig davon, ob der Zuschlag kommt...

... aber nicht in der Größenordnung. Die Olympianutzung ist eine andere als die Nachnutzung.

Die Olympianutzung ist ein Ausschnitt für drei Wochen bei den Spielen im Jahr 2000. Die Hallen werden deshalb nicht verändert. Die primäre Nutzung ist die Nachnutzung.

Wie stehen Sie zu dem Vorschlag, durch einen Kongreß die Olympiade 1936 aufzuarbeiten?

Ich weiß nicht, ob wir dafür einen Kongeß brauchen, weil ich nicht glaube, daß wir mit einem Kongreß eine solche zentrale historische Frage aufarbeiten können. Wir haben sehr viele Kongresse über diese Fragen gehabt, wir haben große internationale jüdische Organisationen, die seit vierzig Jahren nichts anderes tun, als dieses Unrechtssystem aufzuarbeiten.

Ich glaube nicht, daß dies der richtige Weg ist. Was wir tun werden, und darin sehe ich mein Ziel, ist, der Bevölkerung der Welt klarzustellen, daß dieses Deutschland, wenn es sich im Jahre 2000 präsentiert, ein diametral entgegengesetztes Deutschland ist, nämlich ein liberaler Rechtsstaat.

Heißt das, Sie zeigen ein neues Deutschland und lassen die Vergangenheit ruhen?

Nein, das neue Deutschland können Sie von dem alten nicht trennen. Aber ich glaube nicht, daß wir durch mehr oder minder stilvolle Kongresse ein solches Thema in den Griff bekommen. Wir können es nur dadurch in den Griff bekommen, indem wir den Leuten durch unser eigenes Handeln zeigen, daß dieses Land und diese Stadt anders geworden sind. Die ganze Anleitung der Olympischen Spiele muß darauf gerichtet sein, daß dies draußen deutlich wird.

Interview: Gerd Nowakowski und Dieter Rulff