Kurden von allen Seiten bombardiert

■ Tote bei Kämpfen zwischen Kurden und irakischer Armee/ Türkei stellt Luftangriffe vorerst ein/ Nun greift die iranische Luftwaffe an/ UNO-Sicherheitsrat erwägt Entsendung eines Sonderbeauftragten

Ankara/Sacho/Paris (dpa/afp/taz) Die Kurden im Nordirak sind offensichtlich von allen Seiten unter Beschuß geraten. Bereits seit Freitag liefern sich kurdische Peshmerga- Rebellen Gefechte mit irakischen Truppen. Dabei soll es mindestens 14 Tote gegeben haben. Währenddessen hat die türkische Luftwaffe ihre Bombardements auf vermeintliche Stellungen der militanten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) am Montag nachmittag zwar wieder eingestellt. Doch nach Angaben des irakischen Kurdenführers Massoud Barsani, Chef der Demokratischen Partei Kurdistans, der zur Zeit zu Gesprächen mit der französischen Regierung in Paris weilt, hat nun auch die iranische Luftwaffe begonnen, Bombenangriffe auf kurdische Dörfer im Irak zu fliegen. Offiziell würden die Einsätze um die kurdische Stadt Suleimanjah, so Barsani, iranischen Regimegegnern gelten. Nach Angaben von Barsani tötete die türkische Armee bei ihren Einsätzen auf sechs Dörfer zwölf Menschen, darunter Frauen und Kinder. Die Türkei dagegen sieht sich mit ihrer erneuten Militäraktion „im Einklang mit internationalem Recht“ und zeigte sich Montag nachmittag zufrieden. Man habe den „separatistischen Banditen“ — so die offizielle Bezeichnung für die PKK — große Verluste zugefügt. Der türkische Ministerpräsident Demirel hatte die Einsätze ausdrücklich gebilligt. Unterdessen wirbt Massoud Barsani auf seiner Reise durch westeuropäische Länder und die USA um internationale Unterstützung, die ein Jahr nach dem Golfkrieg wieder sehr brüchig geworden ist. Montag abend traf er mit dem Staatssekretär für humanitäre Aktionen, Bernard Kouchner, zusammen, um mit ihm über die Folgen der von Bagdad verhängten Blockade Kurdistans zu sprechen. Kouchner hatte sich am Wochenende für die Schaffung eines Kurdenstaates ausgesprochen. Bagdad hat seit dem Herbst keine Lebensmittel und keinen Treibstoff mehr in das kurdisch bewohnte Gebiet in Nordirak geliefert, um die Kurden zu Zugeständnissen bei den Autonomieverhandlungen zu zwingen.

In London, wo er von Premierminister John Major empfangen wurde, rief Barsani den Westen auf, die Mission der im Süden der Türkei stationierten multinationalen Truppe bis zu einer politischen Regelung des Kurdenproblems zu verlängern. Der Weltsicherheitsrat erwägt die Entsendung eines Sonderbeauftragten nach Irak, der die Lebensbedingungen der kurdischen Minderheit im Norden und der Schiiten im Süden des Landes untersuchen soll. Einen entsprechenden Vorschlag haben der britische und der französische UNO- Botschafter gemacht. China und Rußland, wie Frankreich und Großbritannien ständige Mitglieder des Rates, stünden der Anregung positiv gegenüber, während die USA noch zögerten. anb