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KOMMENTAREDer Norden gibt die Ausrottung in Auftrag

■ Auf der Artenschutzkonferenz in Kyoto darf es nicht nur um Jagdverbote gehen

Im japanischen Kyoto, wo die achte Artenschutzkonferenz stattfindet, müssen sich die Staaten des „Südens“ zum wiederholten Mal als böse Buben vorführen lassen. Von Prinz Charles bis zu Greenpeace dreschen fast alle Ökologen des „Nordens“ auf die unbelehrbaren Schwarzen ein. Und richtig: Im Süden Afrikas werden nach wie vor Elefanten um ihres Elfenbeins willen abgeschlachtet. Die Heftigkeit des Angriffs wird dabei nicht durch die Tatsache gemildert, daß mittlerweile die Zahl der gewilderten Elefanten kleiner, die Zahl der Wildhüter hingegen größer geworden ist.

Es lohnt sich, den Gründen für den Rückgang der Elefantenwilderei nachzugehen. Nicht das Verbot der Jagd, sondern das Verbot des Handels hat dazu geführt, daß der schwarze Markt für das weiße Gold zusammengebrochen ist. Das Jagdsrisiko ist angesichts strenger gewordener Kontrollen einfach zu groß geworden. Der Profit im Elfenbeinmarkt hängt an der legalen Kundschaft der illegalen Jäger. Insofern haben die Länder des Südens recht, wenn sie mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den Norden weisen und dort die eigentlichen Sünder ausmachen. Die 135 Verstöße gegen das geltende Artenschutzabkommen, die den EG-Staaten zwischen 1989 und 1991 nachgewiesen wurden, sind nur die Spitze des Eisbergs.

Doch die reichen Länder und ihre Bewohner zahlen nicht nur für die Ausrottung von Tierarten mittels Gift und Gewehr. Sie zahlen auch für den alltäglichen Frevel am Tropenwald, dem artenreichsten Naturraum, den dieser Globus zu bieten hat. Dieser eigentliche Skandal — die Nachfrage nach der Ausrottung sozusagen — ist bei der Konferenz bislang nicht zur Sprache gekommen.

Die Zerstörung des tropischen Regenwaldes rottet pro Jahr 50.000 wirbellose Tiere aus. Eine Säugetierart, eine Vogel- oder eine Pflanzenart stirbt dort pro Tag aus. In Malaysia ist die Hälfte der Fischarten aus den Flüssen verschwunden, an deren Ufern in großem Umfang Tropenholz geschlagen wird. Es ist vor allem der Lebensstil des industrialisierten Nordens, der die biologische Vielfalt dieses Planeten dezimiert. Hermann-Josef Tenhagen

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