»Friedensbringer, aber keine Pazifisten«

■ Mitglieder der privaten Sicherheitstruppe »Guardian Angels« wollen in Berlin Fuß fassen/ Zum Auftakt eines einwöchigen Informationsbesuchs Presserummel und viele hehre Worte/ BVG und zuständige Senatsverwaltungen lehnen strikt ab

Berlin. Die Ende der siebziger Jahre in New Yorks finsterstem Stadtteil Bronx gegründete Schutztruppe »Guardian Angels« möchte jetzt auch in unserer Stadt offiziell Mitglieder werben. »Wir sind Friedensbringer, aber keine Pazifisten«, verkündete gestern eine vierköpfige Vorhut der angeblichen Schutzengel zum Beginn eines einwöchigen Informationsbesuches in Berlin. Symbolträchtig hatten die in London tätigen Schutztruppler dazu die Medien zu einer improvisierten Pressekonferenz auf dem schmuddligen Vorplatz des Bahnhofs Zoo geladen. In Amerika und England patrouillieren die sich ursprünglich vor allem aus Schwarzen und Latinos rekrutierenden »Angels« unter dem Motto »Allzeit bereit« in Bahnen und auf Straßen offen als Privatpolizisten. Zur Abwehr von Gewalt halten die uniformierten Bürgerstreifen dort renitente Leute so lange fest, bis sie diese den Cops übergeben können, und haben damit faktisch das staatliche Gewaltmonopol ein gutes Stück weit ausgehöhlt. Am Bahnhof Zoo wurden die vier jungen »Angels« in ihren typischen roten Baretten und Jacken gestern freilich erst einmal fast von zudringlichen TV-Teams zu Boden gestoßen. Man wolle die neue deutsche Hauptstadt im Bick auf die auch hier virulente Straßenkriminalität zunächst erkunden und nicht sofort einen Berliner Gruppenableger organisieren, verkündete der »Angel«- Anführer Colin Gabriel Hatcher vage. Er sprach von Plänen, sofort die Polizei, die BVG und auch Verkehrssenator Haase zu kontaktieren, um die weiteren Absichten bekanntzugeben.

»Unsere Intention ist es, so viele Informationen wie möglich zu sammeln über das öffentliche Nahverkehrsnetz in Berlin, über die Menschen, die hier leben, über die Art und Weise, wie Kriminalität sich hier äußert, über Straßengangs, gefährliche Gegenden usw.«, heißt es in einem handschriftlich formulierten Brief. Daß das in holprigem Deutsch formulierte Schreiben den Gästen die Türen öffnet, ist allerdings wenig wahrscheinlich.

Sprecher der Innen- und Verkehrsverwaltung lehnten gestern den Vorschlag ab, eine Schutztruppe freiwilliger Jugendlicher aufzustellen. Auch BVG und Verkehrsverwaltung zeigten sich bereits im vergangenen Dezember ablehnend, als eine neugegründete obskure Bundesdeutsche Volkspartei in Ost-Berlin die Gründung einer solchen Schutzgarde bekanntgab. Doch die Emissäre der Schutzgarde ficht das offenbar nicht an. »Wir wollen in Berlin auf dem Boden des Gesetzes arbeiten«, wurde am Zoo beteuert. Über die Kontaktpersonen, von denen vorgeblich die Einladung nach Berlin kam, schwiegen sich die »Angels« gestern aus. Thomas Knauf