Kunick soll SPD-Chef werden

■ SPD-Unterbezirk-West stellt neuen Kandidaten gegen Horst Isola auf

Es war genau 1.03 Uhr am Mittwoch Morgen als der ehemalige Bau- und Hafensenator Konrad Kunick in die Mensa der Hochschule für Technik rief: „Ich nehme die Wahl an.“ Soeben hatten 77 SPD-Unterbezirksdelegierte aus dem Bremer Westen gegen 41 Nein-Stimmen Kunick zum Kandidaten für das Amt des SPD-Landesvorsitzenden vorgeschlagen. Damit gibt es erstmals in der Nachkriegsgeschichte der Bremer SPD eine Konkurrenz um den Posten des SPD-Vorsitzenden: Zwischen Konrad Kunick und dem kommissarischen SPD- Landesvorsitzenden Horst Isola (UB-Ost). Gewählt wird auf dem Landesparteitag am 28. März.

Kunick, der nach der verlorenen Bürgerschaftswahl den Rücktritt von Bürgermeister Klaus Wedemeier und Gespräche über eine Große Koalition gefordert hatte, erklärte deutlich, daß er gegenüber der Ampel-Koalition nicht auf Konfrontationskurs gehen werde. „Ich hege keine Rache- und Auseinandersetzungsgelüste.“ Die Partei werde ein „Musterbeispiel an Solidität“ bieten. „Wer glaubt, der Kunick würde da immer herumwühlen, der wähle mich bitte nicht“, erklärte Kunick.

Zuvor hatten die Delegierten zwei Stunden lang über eine Erneuerung innerhalb der Partei gesprochen. Wolfram Kaiser vom Ortsverein Westend mahnte an, daß es bereits jetzt schon wieder „Seilschaften“ gebe, daß „schon wieder geschoben“ werde und daß „Mehrheiten zusammentelefoniert“ würden. Der Aufstand des Konrad Kunick gegen Wedemeier sei bereits vor der Wahl fällig gewesen, wenn man ihn hätte ernst nehmen sollen.

Die Juso-Delegierte Sabine Jeninghoff forderte gar, „die heilige Kuh Ortsverein zu schlachten“, um die veralteten Strukturen der Partei aufzubrechen. Und Christoph Butterwegge kritisierte, daß der UB-West für Rachefeldzüge gegen den Senat mißbraucht würde, weil so viele Westgenossen aus der Regierung geflogen seien. Der UB stellte bis zum letzten Dezember mit Henning Scherf, Claus Grobecker, Konrad Kunick und Peter Sakuth vier Senatsmitglieder.

Kunick selbst beschwichtigte den Reformflügel: „Es hat keinen Zweck, die Reform so weit herunterzuschrauben, bis wir nicht mehr politikfähig sind.“ Und Hans Koschnick, extra aus Bonn zu den Delegierten geeilt, mahnte, die Reformen nicht an den Personen, sondern an den Inhalten der SPD zu messen. „Kann es nicht sein, daß frühere Inhalte demokratischer Politik verwirklicht werden müssen, statt modische neue Modelle zu suchen, sozusagen das postmoderne der SPD zu beweisen?“ Später, als die Genossen mehr am Biertresen diskutierten als den Delegierten zuhörten, wurde Koschnik deutlicher: „Eure Reformsprüche könnt Ihr Euch in die Haare schmieren. Ihr wollt diskutieren und seid noch nicht einmal in der Lage, zwei Stunden zuzuhören!“

Kunick selbst gab sich volksnah am Dienstag abend. Seine Lösung für die Krise der SPD: „Die Kumpels von Daimler und Klöckner müssen sich wieder auf uns verlassen können,“

Weitere Zweifel wurden laut. Kunick war schon 1979 bis 1986 Parteivorsitzender. Seine Kandidatur auf den letzten Drücker (“eine Nacht-und Nebel-Aktion“, wie der Delegierte AndreSchulz erklärte) könne nach außen hin Zweifel an der Reformfähigkeit der SPD wecken.

Neben Konrad Kunick wählten die Delegierten noch Thomas von der Vring, die ehemalige UB- Vorsitzende Dagmar Lill und Siegfried Ziegert als Beisitzer- Kandidaten für den Landesvorstand.

mad