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INTERVIEWHeinrich Lummer: »Sex, die Droge für gewisse Stunden«

■ Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Heinrich Lummer (59) zur Forderung nach Legalisierung weicher Drogen

taz: Herr Lummer, was sagen Ihnen die Namen schwarzer Afghane und roter Libanese?

Heinrich Lummer: (Lacht). Im Prinzip gar nichts, aber wenn man die beiden Länder hört, hat das bestimmt etwas mit dem Konsum von Drogen zu tun.

Sie sind demnach also kein Experte für weiche Drogen?

Ein wirklicher Experte ist möglicherweise nur der, der sie selbst schon genossen hat, und das habe ich nicht.

Wie kommt's? Sonst sind Sie doch auch kein Kostverächter von Sinnesfreuden.

Ich habe mir immer sagen lassen, daß diese Freuden sehr bald zu einem tiefen Leid führen. Da ich das nicht möchte, versuche ich es lieber gar nicht.

Das Lübecker Landgericht ist der Auffassung, daß der Rausch genauso wie Essen, Trinken und Sex zu den fundamentalen Bedürfnissen des Menschen gehört. Was sagen Sie dazu?

Was den Knosum von Alkohol angeht, kann ich über Erfahrungen nicht klagen. Gelegentlich gibt es auch ein Rauschgefühl, wenn man eine bestimmte Musik hört. Das hat mir eigentlich bis heute immer gereicht.

Was ist Ihre Lieblingsdroge?

Wenn denn Bier eine Droge ist, würde ich Bier sagen.

Wie stehts mit Essen und Sex?

Also Essen würde ich nicht als Droge bezeichnen. Sex kann es in gewissen Situationen durchaus sein.

Das Lübecker Gericht meint, gelegentlicher Cannabiskonsum sei genauso ungefährlich wie ein Schluck Wein.

Wenn nicht die Erfahrung dagegen spräche, wäre dies sicherlich ein vertretbarer Grundsatz. Der Erfahrung nach ist es aber so, daß der Benutzer nach dem Motto verfährt, Gelegenheit macht Diebe, zu einem Dauerkonsumenten wird und später auf lebensgefährliche, härtere Drogen umsteigt.

Bundesweit sterben im Jahr mindestens 40.000 Menschen durch Alkohol, während kein einziger Todesfall durch Haschisch bekannt ist.

Die Toten beim Alkohol sind nur durch übermäßigen Konsum zu erwarten. Der wichtigste Grundsatz bei allen Dingen im Leben ist Maßhalten. Wenn wir uns für Maßhalten beim Alkohol einsetzen würden, kann ich dafür nur plädieren.

Warum fordern Sie das gleiche nicht auch für den Cannabiskonsum und setzen sich für eine Legalisierung ein?

Ich habe selten gehört, daß einer, der säuft, sehr schnell beim Heroin landet. Aber ich habe sehr oft gehört, daß einer, der mit Cannabis anfängt, beim Heroin landet.

Fast alle Heroinabhängigen haben mit Alkohol angefangen und nicht mit Cannabis.

Das ist ein banale Beweisführung. Jeder Mensch trinkt irgendwann als erstes Alkohol. Ich räume aber ein, daß man nicht absolut zwingend sagen kann, wer mit Cannabis anfängt, hört mit Heroin auf. So gesehen wird die Frage der Legalisierung mit Berechtigung gestellt. Aber bisher sprechen die Erfahrungen dafür, es nicht zu tun.

Waren Sie noch nie in Versuchung, Haschisch zu probieren, um sich eine eigene Meinung zu bilden?

Nein. Sie müßten mich schon da hinführen.

Dann würden Sie es versuchen?

(Lacht). Ich weiß es nicht. Ich glaube aber nicht. Interview: Plutonia Plarre

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