DIE FÜNFTE GEWALT — WEGE DURCH DEN MEDIENDSCHUNGEL VON BEN VART

Die spinnen, die Richter. Sprechen einerseits vom „Grundrecht auf Rausch“, verbieten aber anderseits „durch die Hintertür“ (so irgendein dahergeraster „Autofahrer Wolfgang Peters“ in Bild, der Fachzeitschrift für den Verkehrswahn) den Geschwindigkeitsrausch auf deutschen Autobahnen. Auch Peter Boenisch fühlt durch das „schlechte Urteil“ schon die sozialistischen Fesseln, die rote Politrichter einem einfachen Raser wie Boenisch anlegen wollen: „Mir gefällt nicht, wie unsere Richter mehr und mehr Politik machen. Die Männer in den roten Roben sind nicht vom Volk gewählt.“ Die Politikgestaltung durch Richter hat vielleicht auch etwas mit der zunehmenden Politikunfähigkeit der Gewählten zu tun. So fordert eine satte Mehrheit der hiesigen Wähler seit Jahren maximal 130 km/h auf den schnellen Schneisen, die immer noch, siehe Wilder Osten, quer durch die Natur geschlagen werden (sollen). Aber bei solch unbotmäßigem Volkswillen lacht Peter nur Hoenisch.

Unser Rechtsstaat wird nicht nur von Justizchaoten, sondern auch von anderen bösen Buben schwer gebeutelt — flugs zitiert die Welt den für Kriminelles zuständigen Bundesinnenminister: „,Immer mehr Tätergruppen verlagern ihr Aktionsfeld nach Deutschland‘, sagte Seiters. Damit geht eine hier zuvor unbekannte Brutalisierung einher.“ Kurze Dechiffrierung dieser Kommandoerklärung der deutschen Regierungsbande: Erstens wollen wir hier keine ausländische Konkurrenz, und zweitens liegt uns die cleane Weiße-Kragen-Vorgehensweise einfach mehr als die profane Kleinkriminalität. Wer den Tod in großen Stückzahlen exportiert, muß noch lange nicht polnische Autohehler und rumänische Bettelfamilien im eigenen Land dulden müssen. „,Möglichst schnell‘, so der Bundesinnenminister, solle das Gesetz zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität verabschiedet werden...“ Wie im Comic — da rufen auch die Panzerknacker: Haltet den Dieb! Regierungskriminalität wird in Deutschland erst nach Revolutionen bestraft. Könnte also sein, daß Räuberhauptmann Kohl und seine Outlaws noch so davon kommen.

Zu dem Thema machen in der Zeit zwei Fachleute passende Anmerkungen: „Der Staat wäre durchaus in der Lage, dem organisierten Verbrechen den Lebensnerv zu entziehen.“ Doch wer mit der Wiedervereinigung Wahlen gewinnt, braucht anschließend derartig viele zusätzliche Milliarden, daß er nicht mehr lange fragen kann, wo's herkommt. Waigel wäre ohne das Medellin-Kartell und andere kriminielle Großinvestoren wahrscheinlich schon längst pleite (erst wenige Wochen her: Die Spiegel-Serie über in Deutschland gewaschene Drogengelder). Also wird es vorerst nichts mit einer Entkriminalisierung weiterer Rauschmittel (nicht: -gifte) und auch nichts mit „kontrollierter Herionabgabe“. Immerhin ein Trost: Auf dem Drogenschlachtfeld stirbt man wenigstens fürs Vaterland.

Den Kurzartikel über den Parteiwechsel des ehemaligen Innenministers von Sachsen-Anhalt betitelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung ungeahnt treffend: „Braun wechselt zur DSU.“ Richtig, denn die Erfolgsorientierten bei den Braunen schon immer in der CSU und ihren Schwesterparteien agierten. Stoiber kann ich mir z.B. gut in gewichsten Schwarzstiefeln und frischgebügeltem Braunhemd vorstellen.

Steinach schnippisch: Und Gauweiler wird Gauleiter.