„Lesbenterror, faschistische Praxis“

■ Bremer Esoterik-Szene für Mutterrecht und Vermietermassage / Buttersäuree für „Ambrosia“

„Feminismus ist mit lesbischer Lebensform nicht zu vereinbaren - eine Unterstützung von Lesben bedeutet ein Sich-benutzen-lassen, das sich gegen die eigene Natur richtet.“

Catch as catch can: In einer Anzeigenkampagne der Esoterikerin Anne-Gesine Roggendorf gegen Lesben, die „faschistische Praxis“ anwenden und „Terror“ in der Stadt ausüben, gipfelt zur Zeit die Auseinandersetzung zwischen der Bremer Frauen- und Lesbenszene und dem Esoterik- Laden „Ambrosia“.

Anlaß ist der Streit um einen Mann, der besonders an der Uni „Mitwohngelegenheit“ für Frauen anbot — und der nach der Aussage mehrerer Betroffener die Frauen sexuell belästigte. An der Uni bildete sich daraufhin im letzten Herbst ein „Arbeitskreis gegen sexuelle Gewalt durch Vermieter“, der unter anderem mit Aushängen vor diesem Mann, dessen Bedingung Sex und Massagen in der WG seien, warnte. Das Faß lief für die Frauen über, als Anfang März jener „Vermieter“, Vorsitzender eines „Kosmosophischen Arbeitskreises“, im „Ambrosia“ einen Vortrag über „Wohngemeinschaft und Sexualität“ halten wollte. Er sei völlig mißverstanden worden, erklärte er gestern gegenüber der taz: „Ich habe einen etwas anderen kulturellen Hintergrund, und der Umgang damit fällt manchen wohl etwas schwer.“ Wenn er mit einer Frau über Massage spreche, habe das schließlich nichts mit sexueller Belästigung zu tun.

Angesichts der Berichte der „Untermieterinnen“ war das einigen Frauen völlig schnurz: Sie beschmierten im Januar das Ambrosia-Schaufenster mit dem Spruch „Wir Lesben sind überall“, zogen mit Stinkbomben zum „Ambrosia“ und sprengten den Vortrag.

Jetzt kämpft Anne-Gesine Roggendorf an allen Fronten: Gegen den Rektor der Universität legte sie Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Denn der hatte den Vorsitzenden des Arbeitskreises dazu aufgefordert, es zu unterlassen, auf dem Uni-Gelände für eine Wohnmöglichkeit zu werben, ohne die Bedingungen anzukündigen. Andernfalls würden rechtliche Schritte geprüft. „Rufmord“ und „Ungeprüfte Billigung von Warnungen faschistischen Charakters“ witterte die Esoterikerin, warf den Uni- Frauen — merke: jede Frau, die den Mund aufmacht, ist eine Lesbe - eine „fanatisch-pathologische Vorgehensweise gegen Männer“ vor.

Gleichzeitig geht die Inhaberin des Esoterik-Ladens an die Öffentlichkeit: „Seit einigen Monaten schlagen Frauen/Lesben in Bremen gewalttätig zu“, heißt es in Anzeigen in der April-Ausgabe des „Bremer“ und im „Mix“. Darin greift sie alle Frauenorganisationen in Bremen an, die letztendlich in der Hand von Lesben seien, die „als Beschäftigungstherapie Terror machen“. Sie fordert „als Feministin und Mutterrechtlerin“ die Politiker auf, „Frauenprojekte mit lesbischer Organisation, zu denen Männer keinen Zutritt haben, nicht mehr zu subventionieren“. In einer Poiumsdiskussion will sie mit Bürgerschaftsabgeordneten darüber diskutieren, daß „die Gemeinnützigkeit von einem großen Teil der Frauenorganisationen durch Selbstzweck, Terror und Ausgrenzung der Männer mißbraucht“ würde. Diese Veranstaltung soll ausgerechnet am Vorabend der „Walpurgisnacht“ stattfinden, die die Frauenszene traditionell auf ihre Art feiert.

Das „Mix“ distanzierte sich von der Erklärung, druckte sie nur mit einer eineinhalbseitigen Erklärung der Redaktion ab und kündigte dem „Ambrosia“ die feste Anzeigenseite. Bereits jetzt werde das „Ambrosia“ boykottiert, sagt Roggendorf. Eigentlich habe sie ja auch nichts gegen Lesben, nur: „Die haben einfach manchmal ein Brett vor dem Kopf.“ Und: „Ich habe Rückendeckung.“ Warum? „Weil ich Esoterikerin bin und die Wahrheiten dieser Welt kenne.“ Susanne Kaiser