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Betonlobby vereint gegen Fücks

■ Lautes Knirschen in der Ampel-Koalition wegen Bebauungsplanung

“Kann es sein, daß der Senator Fücks keine Ahnung hat?“ Der donnernde Applaus galt nicht etwa einem Abgeordneten aus den Reihen der Opposition. Karl- Heinz Schreiber sitzt für die SPD in der Bürgerschaft und in der Deputation für Stadtentwicklung. Umso größer war die Freude, die er bei der CDU hervorrief. Während der gestrigen Sitzung der Stadtbürgerschaft knirschte es heftig zwischen den Koalitionspartnern SPD und FDP auf der einen und den Grünen mit dem Umweltsenator Ralf Fücks auf der anderen Seite.

Die CDU-Fraktion hatte eine Aktuelle Stunde beantragt: Fücks behindere das Wohnungsbauprogramm, weil er schon im Verfahren befindliche Bebauungspläne einer zusätzlichen Umweltverträglichkeitsprüfung unterziehen wolle. Damit hatte er die BaupolitikerInnen von CDU, SPD und FDP in helle Aufregung versetzt. „Die kleine Grüne Partei legt Schlingen für die Koalitionsvereinbarungen zum Wohnungsbau aus“, argwöhnte Dieter Focke von der CDU. Richtig Stimmung kam aber erst auf, als Karl-Heinz Schreiber ans Mikrophon trat: „Als ich gelesen habe, der ökologische Gürtel soll enger geschnallt werden, habe ich erstmal abgeschnallt“, sagte er unter dem Gelächter der CDU. Und Merve Pagenhardt von der FDP assistierte: „Die Deputation ist keine Ein-Mann-Veranstaltung.“

Fücks hatte es versäumt, zuerst die Deputation zu seiner Idee zu befragen. Das fanden die Deputierten ungehörig und witterte nicht allein die CDU Unbill für das zarte Pflänzlein Bauwirtschaft. Schreiber: „Die Bauindustrie ist sehr sensibel.“

„Lassen Sie doch den Unsinn“, konterte der Grüne Fraktionssprecher Dieter Mützelburg in Richtung der Kritiker. Es sei höchst sinnvoll, Bebauungspläne auf ökologische Mängel frühzeitig zu überprüfen. „Dann werden sich CDU-Beiratssprecher nicht immer auf Grüne Programmatik berufen müssen.“ Im Beirat Horn-Lehe hatte gerade die CDU ökologische Nachbesserungen bei der Hollerlandbebauung eingefordert. Am Ende griff dann Fücks in die Debatte ein. Der Ärger über die Querschüsse aus den Reihen der Koalition war ihm deutlich anzumerken: „Jenseits der Sonntagsreden ist für Sie Ökologie immer noch ein Schreckgespenst.“ Es sei erschreckend zu sehen, wie ein „klitzekleiner Auftrag“ einen Rückfall in die „unfruchtbare Polarisierung zwischen Wohnungbau und Ökologie“ hervorrufe. „Die Wohnungsnot als Alibi für ein ökologisches Roll-Back, das wird es mit mir als Senator nicht geben.“ J.G.

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