Bremer Theater erwartet Millionendefizit

■ Die Folgelasten des Umbaus sind höher als erwartet / Einnahmeverluste wegen Besucherrückgang / Vier Millionen fehlen

hierhin den kurzhaarigen

Mann mit Zigarillo

Hansgünther Heyme: „Das wird ganz furchtbar“Foto: Oberheide

Das Bremer Theater wird den Etat der laufenden Spielzeit um einen Betrag in Millionenhöhe überziehen müssen. Ob es sich dabei wirklich, wie die Spatzen bereits

zwitschern, um ein Minus von drei bis fünf Millionen Mark handelt, mochte Verwaltungsdirektor Rolf Rempe gestern auf Nachfrage der taz „weder bestätigen noch dementieren“.

Rempe räumte allerdings ein, daß die Besucherzahlen stark zurückgegangen sind: Im Durchschnitt werden nur noch 70 Prozent der verfügbaren Karten verkauft. Selbst das „Weiße Rössl“, geplant als Kassenschlager, füllt derzeit bloß 80 Prozent der Stuhlreihen. „Eine gewisse Ratlosigkeit“ herrsche darob im Theater, sagt Rempe. „Offenbar ist das Urteil über dieses Theater so ausgeprägt, daß selbst eine Anpassung an den Geschmack des geneigten Publikums nicht mehr zum Erfolg führt.“

Wie sich der Besucherrückgang im Etat niederschlägt, wollte Rempe noch nicht sagen; am Montag wird er die genauen Zahlen dem Aufsichtsrat der Theater-GmbH vorlegen. Der wird sich, unter Vorsitz von Kultursenatorin Trüpel, darauf einen Reim machen müssen.

Hansgünther Heyme, der künftige Intendant, beruft sich indessen „auf die schriftliche Versicherung, daß alle Altlasten getilgt sind“, wenn er demnächst anfängt. „Das wird ja so schon furchtbar genug“, sagte er gestern der taz. „Wir stoßen, wenn wir die Etatposten und die vorhandenen Mittel des Theaters durchforsten, immerzu an die niedrigsten Decken. Daß mein Vorgänger Richter da überziehen mußte, ist mir völlig verständlich. Der Etat zwingt einen ja geradezu.“ Dennoch will er versuchen, mit den gegebenen Mitteln auszukommen — „auch wenn uns das als Alptraum bleiben wird, daß da jetzt schon“, sagt er, „vier Millionen fehlen.“

Die Frage ist, wieviel davon dem Theater überhaupt anzulasten ist. In der laufenden Spielzeit hat es zum Beispiel allein den Personaletat um eine Million Mark überschritten: für Aushilfen und Krankheitsvertretungen. „Wir haben keinerlei Reserven mehr“, sagt Rolf Rempe. „Nach dem Umbau ist der Personalkörper derart runtergefahren worden, daß wir nichts mehr auffangen können.“

Rempe meint, daß auch in andern Bereichen die Folgelasten des teuren Umbaus vor zwei Jahren doch erheblich stärker ins Gewicht fallen, als man sich vorgemacht hatte: Die Zahl der Abos ist von 6.000 auf knapp 4.000 gefallen; noch immer sind Teile des Fundus ausgelagert, was zu teurem Hin und Her zwingt — „und wenn ein neuer LKW her muß, ist das schon ein Problem“, sagt

hierhin bitte den Mann

der beide Hände

erhoben hält

Rolf Rempe: „Eine gewisse Ratlosigkeit im Theater“Foto: Heller

Rempe. „Es fehlt an allen Enden, obwohl Richter sich sehr bemüht hat, seinen Kostenspielraum einzuhalten. Wir haben ja schon jede alte Leinwand fünfmal neu überspritzt und jedes Vierkantrohr noch mal passend gesägt.“

Was tun? Mit würdevoller Entsagung in die Oberliga absteigen? „Im Gegenteil“, sagt Rempe, „wir wollen uns ja wieder einen Namen machen — aber man muß sich auch rühren können, damit man auffällt.“ Er aber kann, bei einem Werbeetat von 400.000 Mark für alles, selbst von kleinen Anschub-Kampagnen, von ordentlichen Inseraten und Aktionen in der Stadt nur träumen: „Das ist das Problem des Theaters fast überall: es geht immer mehr im Angebot unter“.

Rempe überlegt zur Zeit zusammen mit Heyme, wie man einen kostensparenden Betrieb hinkriegt, der einem Zeit und Geld läßt für attraktives Theater. Es zirkulieren vor allem zwei Varianten. Erstens: Wenn aufwendige

Produktionen im Block, also en suite, abgespielt werden, erspart das einiges an Proben, Umbaukosten, Reisespesen für Gastschauspieler usw. „Man muß aber“, sagt Rempe, „das Publikum erst dran gewöhnen“. Zweitens: Zusätzliche spielfreie Tage, etwa montags und dienstags, entlasten das Personal, welches jetzt schon einen enormen Überstundenberg vor sich her schiebt.

Die Märker, die sich derart zusammenkratzen lassen, wird das Theater wohl kaum auf's Sparbuch tragen wollen: Lieber leistet man sich zwischendurch einen De-Luxe-Schauspieler oder läßt es mal ausstattungstechnisch krachen. „Wir müssen ja“, sagt Heyme, „das ganze Schauspiel wieder mobilisieren, das wird ganz, ganz schwierig.“ Zumal es, wie er meint, schon an der Grundausstattung hapert: „Da ist nix geschlampt und nix verjubelt worden: Die konnten einfach nicht mal neue Scheinwerfer kaufen.“ Manfred Dworschak