Schamir beschwichtigt Likud-Krise

Tel Aviv (taz) — Während in Israel die oppositionelle Arbeiterpartei ihre Kandidaten für die Knesset- Wahlen bestimmt, bleibt die Krise im Likud-Block ungelöst. Ministerpräsident und Likud-Chef Jizchak Schamir ist bemüht, Außenminister David Levy im Kabinett zu halten, obwohl dieser am Sonntag seinen Rücktritt angekündigt hat. Schamir will im Laufe der Woche mit Levy reden, um ihn von seinen Rücktrittsgedanken abzubringen und einen kollektiven Austritt seiner Anhänger aus dem Likud zu verhindern. Der israelische Regierungschef muß um jeden Preis verhindern, daß seine Partei drei Monate vor den Wahlen auseinanderbricht. Andererseits ist er aber bemüht, den Eindruck zu vermeiden, er lasse sich von Levy erpressen. Andere Likud-Führer, die ebenfalls im Rennen um die Nachfolge Schamirs sind, würden dem Parteiführer Zugeständnisse an den Rivalen verübeln. Mit Finanzminister Modai und dessen Anhängern hat sich der Parteichef bereits zerstritten. Daher wird Schamir Levy nur für die Zeit nach den Wahlen hinhalten können. Sollte sich der abtrünnige Außenminister damit zufrieden geben, wäre das Duell Schamir-Levy nur aufgeschoben.

Unter diesen Umständen ist nicht zu erwarten, daß sich die Anhänger Levys besonders enthusiastisch am Likud-Wahlkampf beteiligen werden. In der Arbeiterpartei freut man sich über „den letzten Nagel“, den Levy in den „Sarg des Likud“ geschlagen habe. Aber Prognosen erscheinen derzeit angesichts vieler unentschiedener Wähler voreilig. Unklar ist auch, bei welcher Partei die 250.000 seit der letzten Wahl eingewanderten neuen Israelis ihr Kreuz machen werden. Allen Unkenrufen zum Trotz ist zu erwarten, daß etliche traditionelle Likud-Wähler ihrer kriselnden Partei treu bleiben werden. Amos Wollin