Mißbrauch mit Sozialwohnungen

■ Mit öffentlichen Geldern sanierte Wohnungen werden regelmäßig zu hoch vermietet/ Mieterverein und Bezirksbaustadträte fordern Kontrolle bei der Miet- und Belegungsbindung von Wohnraum

Berlin. Einen Gesetzentwurf, der die Mietbindung und die Belegungsbindung für Altbauwohnungen sicherstellen soll, die mit öffentlichen Geldern saniert wurden, hat der Berliner Mieterverein gestern mit Unterstützung der Baustadträte von Kreuzberg, Schöneberg und Charlottenburg vorgestellt. Derzeit werden jedes Jahr Tausende von Wohnungen mit über einer Milliarde Mark öffentlicher Gelder saniert. Im Gegenzug sind die Mieten bis zu zwanzig Jahre lang auf niedrigem Niveau preisgebunden, zudem sollten solche Wohnungen nur an Sozialmieter gegeben werden, oder an solche, die von einer Sanierung betroffen sind.

Daran halten sich private Hauseigentümer aber meist nur bei der erstmaligen Vermietung nach der Sanierung. Bei Mieterwechsel werden in vielen Fällen gut verdienende Nachmieter gesucht oder überhöhte Mieten genommen, so der Geschäftsführer des Mietervereins, Hartmann Vetter. So würden Familien mit Kindern und sozial schwache Mieter aus dem Stadtteil gedrängt. In einigen Fällen wurden in Neukölln sogar Wohnungen, die mit öffentlichen Geldern saniert wurden, in Eigentum umgewandelt. »Allein in Kreuzberg hat der Senat 900 Millionen Mark für die Stadterneuerung ausgegeben, die eigentlich der Unterstützung der Bevölkerung dienen sollten, aber dieses Geld fließt in die Taschen privater Hauseigentümer«, so die Kreuzberger Baustadträtin Erika Romberg (AL).

Der Bausenator plane sogar, Miet- und Belegungsbindungen bei öffentlich geförderten Altbauten ganz abzuschaffen.

Die Bezirksämter haben keine Möglichkeiten, die Einhaltung der Belegungsbindungen zu kontrollieren. Nur die dem Senat unterstehende Wohnungsbaukreditanstalt kann wortbrüchige Hauseigentümer auffordern, die öffentlichen Gelder zurückzuzahlen. Dann aber hat der Mieter erst recht das Nachsehen, denn die Miete bleibt hoch. Das alles sei nicht nur unsozial, sondern ein »Mißbrauch von Steuergeldern«, sagte Vetter. Der Landesrechnungshof sei deswegen bereits an die Senatsbauverwaltung herangetreten.

Nach dem Gesetzentwurf des Mietervereins müssen Vermieter den bezirklichen Wohnungsämtern melden, wenn eine mit öffentlichen Geldern sanierte Wohnung frei wird. Das Wohnungsamt nennt dem Vermieter dann drei Sanierungsbetroffene oder Sozialmieter, von denen der Vermieter einen aussuchen muß. Geht die Wohnung an einen »Nichtberechtigten«, so kann das Bezirksamt darauf drängen, daß das Mietverhältnis gekündigt wird.

Weiter hat der Mieter ein Recht darauf, zu erfahren, wie hoch die — gesetzlich festgesetzte — Miete sein darf. Ist diese überhöht, so kann das Wohnungsamt vom Vermieter bis zu zehn Mark pro Quadratmeter und Monat als Ausgleich verlangen. Außerdem können Bußgelder bis zu 50.000 Mark erhoben werden.

Der Gesetzentwurf soll an die Fraktionen des Abgeordnetenhauses gehen. Der baupolitische Sprecher der SPD, Otto Edel, sagt auf Anfrage, der Entwurf klinge »vernünftig«, man müsse ihn jedoch erst prüfen. Bei der Senatsbauverwaltung sah man sich außerstande, so kurzfristig Stellung zu beziehen. esch