Polens Fiskus schafft Arbeitsplätze im Ausland

■ Nach wie vor exportieren deutsche Unternehmen lieber nach Polen, als daß sie dort Kapital investieren

Daß nur sowenig deutsches Kapital nach Polen komme, liege nicht nur daran, daß die polnische Seite deutschen Investitionen Steine in den Weg lege, befand Kazimierz Woycicki, Chefredakteur der Warschauer Tageszeitung 'Zycie Warszawy‘ und ehemaliger Deutschland-Berater Walesas, unlängst bei einer Debatte zum deutsch-polnischen Verhältnis. Es liege auch daran, daß das Kapital etwas träge sei: „Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß sich bei der Privatisierung des KP-Pressekonzerns RSW nur ganz wenige deutsche Interessenten gemeldet haben.“ Stimmt. Und die wenigen, die sich doch gemeldet hatten, gingen dann leer aus — gelegentlich mit der hinter vorgehaltener Hand geäußerten Begründung, man wolle keinen deutschen Einfluß auf die polnische Presse, „schon gar nicht in den Westgebieten“.

Inzwischen tun auch Deutschlands Verleger das, was Präsident Walesa dem Westen überhaupt zum Vorwurf macht: Sie exportieren, statt zu investieren. So gibt es mittlerweile Comics, Teenie-Zeitschriften und sogenannte Männermagazine an fast jedem Kiosk in mehr oder weniger gelungenen Übersetzungen und teilweise zu Dumping-Preisen. Der Grund dafür liegt allerdings auch wieder in Polen selbst: Bedrucktes Papier ist bisher zollfrei zu haben, unbedrucktes wird mit 15 Prozent belegt. Kein Wunder, daß niemand in Polens Druckereien investiert; dabei gibt es ohnehin landesweit nur vier, die zu einem einigermaßen erträglichen Vierfarbendruck fähig sind. Wer Wert auf Qualität legt, druckt im Ausland. So schafft Polens Fiskus Arbeitsplätze in Wien und Berlin.

Das krasseste Beispiel dafür, wie man unerwünschten Entwicklungen Vorschub leistet, war das 1991 abgeschaffte Gesetz über Auslandsinvestitionen, das Betrieben schon allein dann Steuererleichterungen einräumte, wenn diese nur 20 Prozent ausländisches Kapital aufwiesen. So entstanden Tausende kleiner Firmen, deren einzige Tätigkeit oft in der Ausnutzung dieser Steuervorteile und der Spekulation bestand. Großinvestoren blieben außen vor— ihre Einlagen hätten sich erst nach Jahren amortisiert.

Trotzdem sind inzwischen einige Konzerne aus Deutschland in Polen eingestiegen. Der deutsche Waschmittelhersteller Henkel KG hat so in Ratibor in Schlesien 80 Prozent der Aktien des polnischen Chemieherstellers Pollena aufgekauft. Nun werden dort neben „Pollena 2000“ auch Pril, Dixan und Persil produziert. Pollena Bromberg (Bydgoszcz) ging dagegen an Unilever, Pollena in Nowy Dwor Mazowiecki bei Warschau vergab das Privatisierungsministerium an Benckiser. Auf diese Weise sollte vermieden werden, daß einer der drei internationalen Waschmittelgiganten sich den ganzen polnischen Markt unter den Nagel reißt. Bis dahin hatte Procter & Gamble über seine tschechische Filiale den südpolnischen Markt mit überteuertem Ariel überschwemmt.

Die Freude darüber, daß Polen jetzt westliche Waschpulver selbst herstellt, ist dennoch nicht ungeteilt. Einigen schlesischen Abgeordneten beispielweise war von Anfang an mehr als nur ein Dorn im Auge, daß ausgerechnet die deutsche Henkel im ehemals deutschen Ratibor investiert. Von Anfang an kamen die meisten Investitionen in Polen aus Deutschland. Allerdings handelte es sich dabei meist um kleine Firmen, deren Grundkapital nur selten 50.000 Dollar überstieg. Inzwischen geht ein gemeinsames deutsch-polnisches Projekt in Warschau zu Ende, das die größte Auslandsinvestition in Polen überhaupt darstellt: Die deutsche Hochtief übergibt in Kürze den Internationalen Flughafen von Warschau — Auftragsvolumen 200 Millionen DM. Offizielle Eröffnung ist am heutigen 2. April — zu einem Zeitpunkt also , da Lech Walesa in Deutschland noch um Investitionen wirbt. Klaus Bachmann, Warschau