Gauck-Akten haben keine Beweiskraft

Gerichtsurteil: Der vom Land Berlin wegen angeblicher Stasi-Mitarbeit geschaßte Rektor der Humboldt-Uni, Heinrich Fink, muß als Hochschullehrer weiter beschäftigt werden  ■ Aus Berlin P. Plarre

Die Stasi-Unterlagen der Gauckbehörde sind kein beweiskräftiges Material, mit denen eine Kündigung gerechtfertig werden kann. Mit diesem aufsehenerrgenden Urteil erklärte gestern das Berliner Arbeitsgericht die Kündigung des früheren Rektors der Ostberliner Humboldt-Universität Heinrich Fink für unwirksam. Fink war im November letzten Jahres fristlos gekündigt worden, nachdem Unterlagen in der Gaukbehörde aufgetaucht waren, die den Schluß zuließen, daß er seit 1969 als IM der Stasi registriert war. Gleichzeitig entschied das Gericht, daß Fink bis zur Rechtskraft des Urteils als Hochschullehrer weiterbeschäftigt werden muß. Ein Mitarbeiter der Gaukbehörde, der den Prozeß gestern, verfolgte, befürchtete, daß nach diesem Urteil niemand mehr zugegeben wird Stasi-Mitarbeiter gewesen.

Die große Frage in diesem Prozeß war, hat Fink davon gewußt, daß er seit 20 Jahren von der Abtelung XX/4 des Minsteriums für Staatsicherheit als Informeller Mitarbeiter geführt worden war oder nicht. Die Personalkomission der Humboldt- Universiät unter Vorsitz des Berliner Wissewschaftssenator Erhardt hatte die fristlose Kündigung im November damit begründet, daß in der Gaukbehörde Karteikarten aufgetaucht seine, aus denen sich eine IM Tätigkeit von Fink ergebe. Die Hauptaktenen Finks, der unter dem Decknamen „Heiner“ geführt worden war, waren am 4. Dezmeber 1989 gelöscht worden. Fink, der früher Leiter der Sektion Theologie war und nach der Wende zum Rektor der Uni berufen wurde bestritt verhement „wissentlich“ für die Stasi gearbeitet zu haben. Sein Rechtsanwalt Lutz Seybold trug im gestreigen prozeß vor, daß Fink ohne davon Kenntnis zu haben von der Stasi als „Informationsquelle abgeschöpft“ worden sei. Der Rechtsvertreter der Humboldt-Universität legte dem Gericht gestern verschiedene Unterlagen zum teil handschriftlich angefertigte Berichte von Führungsoffizieren vor, in denen von einem IM „Heiner“ die Rede war.

Das Arbeitsgericht wertete die Unterlagen der Gauckbehörde gestern zwar als Indizien dafür, daß „da etwas gewesen ist“, aber der letzte Beweis sei nicht erbracht, weil diese Annahme „nicht zwingend“ sei. Ein Beweis hätten nur die Zeugenaussagen der Führungsoffiziere sein können. Diese waren von dem Rechtsvertreter der Humboldt-Universität Thomas Kunze bewußt nicht als Beweismittel eingeführt worden, weil er annahm, daß diese ohnhin nicht die Wahrheit sagen würden, um ihre frühere Quelle zu decken. Das Gericht war jedoch der Meinung, daß man es aquf einen Versuch hätte ankommen lassen müssen. Nur diese zeugen und nicht die Gaukunterlagen seien ein zulässiges Beweismittel im Sinne der Zivilprozeßordnung.