■ Nachgefragt
: "Ich habe da Zweifel"

Gestern gab Polizeipräsident Lüken zu, daß zur Sicherung von Beweismitteln, in diesem Fall verschluckten Rauchgiftpäckchen, den Beschuldigten Apomorphin gespritzt wird — vgl. nebenstehenden Artikel. Die taz befragte dazu den Generalstaatsanwalt Dr. Hans Janknecht.

taz: Wenn drei oder vier Polizeibeamte gesehen haben, daß der Beschuldigte Päckchen verschluckt hat, wäre das ein hinreichender Grund für die Apomorphin-Spritze?

Hans Janknecht: Das wäre nur die erste Voraussetzung. Die zweite: Die Untersuchung, die von einem Arzt vorgenommen werden muß, muß nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen werden. Und da habe ich Zweifel, ob die Injektion dieses Mittels, das ich bisher nicht kannte, wirklich den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht oder ob sie nicht zu erheblichen Nachteilen für die Gesundheit des Betreffenden führt.

Das Dritte ist: Die Maßnahme muß, wie alle strafprozessualen Zwangsmaßnahmen, in einem angemessenen Verhältnis zum Erfolg, also dem Auffinden von Beweismitteln stehen.

Wären vier Päckchen Heroin so gesehen im Verhältnis?

Das kann man so generell nicht sagen. Wenn erhebliche körperliche Gefahren damit verbunden sind, dann muß man sich fragen, ist das wirklich die einzig zulässige und einzig gegebene Maßnahme, oder gibt es nicht andere Möglichkeiten, an die Beweismittel heranzukommen.

Abführmittel zum Beispiel...

Richtig.

Erfährt die Staatsanwaltschaft im Lauf eines Ermittlungsverfahrens von solchen Maßnahmen?

Ich muß gestehen, daß mir das neu ist. Ich habe das bisher in den vielen Akten, die ich gelesen habe, nicht gesehen. Ich kann das aber auch nicht völlig ausschließen.

Der Bereitschaftsarzt der Polizei hat uns versichert, daß von ihm Kranken- und Untersuchungsblätter ausgefüllt werden, deren Original den ermittelnden Beamten mitgegeben würde. Es müßte über die Akten also auch bei der Staatsanwaltschaft landen.

Mir nicht bekannt. Ich hab solche ärztlichen Aufzeichnungen bisher nicht gesehen.

Und Aufzeichungen über Magenspülungen?

Nein.

Anwälte behaupten, daß ein solches Mittel nur über richterliche Anordnung verabreicht werden darf.

Das ist so nicht richtig. Die Strafprozeßordnung sieht ausdrücklich vor, daß bei Gefahr im Verzug solche Anordnungen auch von der Staatsanwaltschaft und ihren Hilfsorganen ergehen können. Daran scheitert die Zulässigkeit nicht.

Werden Sie die drei Injektionsfälle, die die Polizei bestätigt hat, untersuchen lassen?

Natürlich. Die Staatsanwaltschaft hat ja Herrn Oberstaatsanwalt Stegelmann als Sonderdezernenten bestellt, er wird das alles im einzelnen untersuchen. Fragen: Birgitt Rambalski