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EG soll in Rio voranmarschieren

Bundestags-Enquetekommission „Schutz der Erdatmosphäre“ will Impulse für Umweltkonferenz in Rio geben/ Weder von den USA noch von Japan werden ernsthafte Schritte erwartet  ■ Aus Bonn Tissy Bruns

Eine düstere Bestandsaufnahme legte gestern die Bundestags-Enquetekommission „Schutz der Erdatmosphäre“ vor. Nach ihrem Bericht ist der Wissensstand über die globalen Klimaänderungen eindeutig, und ebenso sicher sind die Kenntnisse über die Folgen, die vor allem für die Länder der südlichen Halbkugel verheerend sein werden. Klaus Lippold (CDU), Vorsitzender der Kommission, sieht die Zeit zum Handeln gekommen, wenn auch die Aussichten dafür nicht optimistisch stimmen.

Bei der UN-Umweltkonferenz (UNCED) in Rio, für die der Bericht Impulse geben will, kann nach Lippold „nicht damit gerechnet werden, daß die grundlegenden Zielsetzungen kurzfristig in vollem Umfang konsensfähig sind“. Einen „Einstieg ins Handeln“ müsse die UNCED mindestens ermöglichen, wenn schon eine verbindliche Klimakonvention und überprüfbare Schritte zur Kohlendioxid-Reduzierung nicht mehr erwartet werden können.

Der „Antriebsmotor“ dafür, so die stellvertretende Vorsitzende Liesel Hartenstein (SPD), sollten die EG und die Bundesrepublik sein. Die Industrienationen, im Bericht als Hauptverursacher der Klimaänderung bezeichnet, seien als erste gefordert. „Mit Blick auf die Folgen für das Klima ist die bisherige Wirtschaftsweise nicht verallgemeinerungsfähig; ihre Nachahmung durch die Entwicklungsländer würde die Risiken ökologischer Katastrophen erhöhen.“ (Lippold)

Weil weder von den USA noch von Japan nach Stand der Dinge ernsthafte Taten erwartet werden, sollte die EG mit abgestimmten Vorschlägen nach Rio gehen, notfalls die Bundesrepublik allein. Vorschläge der Enquetekommission, für die die Europäer mit gutem Beispiel voranzugehen hätten: die Energie/CO2- Steuer, also eine allgemeine Abgabe auf Energieverbrauch und CO2- Emissionen, die Einrichtung (und Finanzierung) eines internationalen Klimafonds und Modellprojekte wie ein Solarkraftwerk im Sonnengürtel der Erde. „Wahrscheinlich das Wichtigste“ nannte Liesel Hartenstein, daß „wir selbst ernst machen mit dem ökologischen Umbau“. „Selbstverpflichtungen“ der Industrieländer verlangte auch Lippold. Für die Bundesrepublik wiederholt der Bericht das 1987 angekündigte Ziel, bis zum Jahr 2005 die CO2- Emissionen um mindestens 25 Prozent zu senken.

Der einstimmig verabschiedete Bericht habe den Mitgliedern der SPD-Fraktion schmerzhafte Kompromisse abverlangt, sagte die Bundestagsabgeordnete Monika Ganseforth. So gehöre zur notwendigen „Eingriffstiefe“, daß auf die Atomenergie verzichtet werden müsse. Sie hoffe aber, daß wegen der internationalen Anerkennung der Kommission von diesem Bericht „ein Impuls für Rio“ ausgehe. Es sei darum gegangen, gemeinsam der Weltöffentlichkeit zu sagen, daß etwas geschehen müsse.

Die Kommission verlangt von den Industriestaaten auch höhere finanzielle Aufwendungen. Die Gelder für die bestehende Global Environment Facility (GEF) sollen verdreifacht, ihre Entscheidungsstrukturen in für die Entwicklungsländer akzeptabler Art verändert werden. Zusätzlich soll ein Klimafonds eingerichtet werden. Beklagt wurde wiederholt die Rolle der USA, „die für ihre Verhältnisse unendlich wenig leisten“ (Lippold). Klaus-Dieter Feige (Bündnis90/ Die Grünen) bescheinigte der Bundesrepublik, „nicht am Ende der internationalen Skala“ zu stehen. Allerdings stünden die Aktivitäten des Bundesumweltministers in „diametralem Gegensatz zur Energie- und Verkehrspolitik“.

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