Keine neue Prächtigkeit

■ Fachdiskussion über die Zukunft der Friedrichstadt

Tiergarten/Mitte. Ein Büro- und Geschäftshaus an der Friedrich- Ecke Mohrenstraße plant der Architekt Josef Kleihues. Derzeit befindet sich dort, schräg gegenüber der geplanten Friedrichstadtpassage eine Rohbauruine aus der DDR-Zeit, mehrere Freiflächen und ein Altbau, der in das Vorhaben integriert werden soll. Dies berichtete Kleihues am Donnerstag abend bei einer Veranstaltung der Senatsbauverwaltung im Berlin-Pavillon zur Friedrichstadt. In dem Block sollen — so der süddeutsche Investor Helmut Röschinger — ein Frischemarkt im Keller entstehen, nebst Geschäften und Restaurants zur Straße hin, sowie ein Bussinescenter mit einem Postamt und einen Lufthansaschalter. In dem Altbau werden ein Kunstverlag und eine Kunstgalerie Platz finden. In die oberen Geschosse ziehen Büros, in zwei Dachgeschossen sind Wohnungen geplant. »Die Investition muß sich rechnen, aber wir legen Wert auf schöne Architektur, denn Schönheit verkauft sich besser«, sagte Röschinger. Das Vorhaben ist mit dem Koordinierungsausschuß des Senats abgestimmt.

Kleihues bezeichnete das Projekt, an dem noch drei andere Architekten beteiligt sind, als Bau im »Baukastensystem«. Das heißt, daß zwar ein Gesamtkonzept für einen Block existiert, jedoch für jede Parzelle ein eigener Baukörper entworfen wird. Dieses System ist eine Absage an die vorangegangenen Planungen etwa der Friedrichstadtpassagen, wo der ebenfalls anwesende Architekt Oswald Matthias Ungers einen Baukörper über den gesamten Block hinweg entworfen hat. Das Ungers-Projekt erreicht — wie die Nachbarblöcke auch — eine Höhe von 35 Metern, deutlich über der Berliner Traufhöhe. Man müsse sich fragen, so Landeskonservator Helmut Engel, ob so eine Baumasse nicht den Gendarmenmarkt und das Schinkelsche Schauspielhaus »erschlage«. Eine pseudohistorisierende »Oma-Architektur« dürfe man nicht bauen, dies stelle die echten Baudenkmale in Frage, so Engels weiter. Senatbaudirektor Hans Stimmann sprach sich gegen eine »neue Prächtigkeit« aus und für eine Rekonstruktion der historischen Struktur mit einer modernen Nutzung. »Wir müssen nicht neue Prachtbauten entwerfen, sondern den Alltag organisieren«, sagte er. Eine Gestaltungssatzung, die etwa Formen von Fassaden oder Fenstern festlegt, werde es für die Friedrichstadt nicht geben. esch