Wehrlosen mit Kopf auf Pflaster geschlagen?

■ Schwere Vorwürfe gegen Vegesacker Polizei / Anzeigen der Betroffenen wurden abgelehnt

Was geschah am Samstag nacht in Bremen-Vegesack? Während die Polizei von einer Massenschlägerei zwischen Schwarzafrikanern und Türken spricht, riefen gestern Betroffene nach der Presse und führten blaue Augen, aufgeschlagene und geschwollene Schläfen und lädierte Handgelenke vor. Ihr Vorwurf an die Polizei: „Als diese Verletzungen geschahen, gab es überhaupt keine Schlägerei. Den ganzen Terror hat die Polizei selbst gemacht.“

Nach Darstellung der Polizei war es in der Nacht vom Samstag auf Sonntag gegen 3.30 in der Diskothek Memory in der Nähe des Vegesacker Bahnhofs zu einem Streit zwischen einem Türken und einem Afrikaner gekommen. Vor der Tür habe der Türke seinen Kontrahenten mit Messer und Pistole bedroht. Die Polizei griff ein, fand weder Pistole noch Messer, fertigte auf der Wache aber dennoch eine Anzeige wegen „versuchten Totschlages.“

Später sollen sich Afrikaner und Türken vor dem Bahnhof zur großen Schlägerei mit teilweise 70 Streitenden getroffen haben. Wörtlich dann im Polizeipresseprotokoll: „Es gelang den eingesetzten Polizeikräften, wieder Ruhe herzustellen. Zwei Türken wurden in Gewahrsam genommen, diverse Anzeigen wegen Körperverletzungen wurden gefertigt.“

Eine Anzeige wird noch dazukommen. Denn die von der Polizei festgenommenen Türken wollen sich gegen „Polizeiterror“ juristisch wehren. Ihre Schilderung des nächtlichen Geschehens sieht nämlich ganz anders aus. Nach der Auseinandersetzung zwischen den beiden vor der Diskothek habe es keinerlei Schlägerei mehr gegeben. Isa E., einer der Betroffenen: „Ich wollte vom Melody mit meinem Freund nach Hause gehen. Vor dem Bahnhof haben wir noch mit zwei Schwarzen geredet. Da kam plötzlich die Polizei. Sie haben mir meine Hände auf dem Rücken mit Handschellen festgebunden und mich dann auf den Boden geworfen. Einer ist fast 10 Minuten auf meinem Rücken sitzen geblieben. Sie haben mir verboten, zu reden und meinen Kopf drei, vier Mal wie einen Ping-Pong-Ball auf das Plaster geschlagen.“

„Das ist doch nicht menschlich“, ereiferte sich noch gestern Eyup C. Das, sagt er, habe er auch in der Nacht zur Polizei gesagt. Eyup C. hat jetzt ein veilchenblaues Auge. „Da hat ein Polizist mit seinem Sprechfunkgerät draufgeschlagen.“ Auf der Wache habe er sich geweigert, in eine Zelle zu gehen. Da habe man seinen Kopf gegen die Wand geschlagen — Nasenbeinbruch.

Isa S. mußte bis zum nächsten morgen um 9.00 Uhr auf der Wache bleiben. Er habe gebeten, einen Anwalt oder Arzt zu verständigen. „Sie haben gesagt, sie rufen einen Rechtsanwalt. Aber sie haben nicht angerufen“, sagt Isa S. Nach seiner Freilassung wankte er zu Fuß zum Krankenhaus Bremen-Nord.

Gestern wollten die beiden mit noch einem weiteren Betroffenen, der bei der Festnahme Gesichtsverletzungen erlitt, eine Anzeige wegen Körperverletzung gegen die Polizisten stellen. Von den Beamten in der betroffenen Wache Vegesack wurden sie nach Blumenthal verwiesen. Aber auch dort weigerte man sich, die Anzeigen der Tüken anzunehmen. Jetzt wollen sie ihre Version der „Massenschlägerei“ zu Papier bringen und hoffen, daß die Kripo oder Staatsanwaltschaft ihre Anzeigen ernst nimmt. hbk