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Hamburgs Stromriese atomfrei?

Stromunternehmen soll atomkraftfrei werden/ Vorerst gilt nur ein Werbeverbot für Atomstrom  ■ Aus Hamburg Marco Carini

Für Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt ist es der „Einstieg in den Ausstieg“ aus der Atomenergie. Am vergangenen Dienstag beschloß nach der Bürgerschaft auch der Senat der Hansestadt, die Satzung der Hamburgischen Elektrizitäts-Werke (HEW) zu ändern. Danach wird das Energieunternehmen aufgefordert, sich von der Atomkraft auf Dauer abzuwenden.

Anteile an bestehenden Reaktoren braucht der Stromproduzent jedoch nicht zu verkaufen. Konkrete Ausstiegsschritte müssen die Hamburgischen Elektrizitäts-Werke laut Satzungsnovelle erst gehen, „sobald das für sie betriebswirtschaftlich vertretbar ist“.

Bilanzgewinne schreibt das Unternehmen auf absehbare Zeit aber nur, wenn kräftig Kerne gespalten werden. Die Hamburgischen Elektrizitäts-Werke erzeugt rund 80 Prozent ihres Stroms durch die Kernspaltung — mehr als jeder andere deutsche Energieversorger.

Langfristige Verträge binden den hanseatischen Stromerzeuger zudem an seine Atommeiler. Allerdings dürfen sich die Hamburgischen Elektrizitäts-Werke dem Senatsbeschluß zufolge künftig nicht an der Planung neuer Atomkraftwerke und an Werbekampagnen für die Kernenergie beteiligen.

Die Satzungsänderung war bereits 1986 von der SPD angekündigt worden, wurde aber während der 1990 ausgelaufenen sozialliberalen Koalition von den Freien Demokraten blockiert. Ihre Annahme auf der Hamburgische-Elektrizitäts-Werke-Aktionärsversammlung im Juni gilt als sicher, da die Stadt Hamburg als Mehrheitsgesellschafter nahezu über die für Satzungsänderungen nötige Stimmenmehrheit von 75 Prozent verfügt.

Fraglich ist allerdings, ob die Satzungsnovellierung auch juristisch Bestand haben wird. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hat eine Klage gegen die Änderung angekündigt. Der Aktionärsversammlung gelang es vor gut zwei Jahren bereits, den schleswig-holsteinischen Energieminister Günther Jansen per Gerichtsverfahren aus dem Hamburgische-Elektrizitäts- Werke-Aufsichtsrat zu kanten. Der von Jansen propagierte Atomausstieg, entschieden die Richter, sei mit den Unternehmensinteressen der Hamburgischen Elektrizitäts-Werke unvereinbar.

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