Hekmatyar gibt sich kompromißbereit

Kabul (ap/afp/dpa) — Der radikale afghanische Mudschaheddinführer Guldbuddin Hekmatyar scheint im Streit um die Bildung einer Übergangsregierung zum Einlenken bereit zu sein. Radio Kabul meldete gestern, Hekmatyar wolle sich an einer solchen Regierung beteiligen, wenn darin alle Mudschaheddingruppen „entsprechend ihrer Stärke“ vertreten seien. Unterdessen degradierte das afghanische Parlament den amtierenden Präsidenten Abdel Rahim Hatif zum Vizepräsidenten mit Exekutivgewalt. Wie der Sender meldete, begründeten die Abgeordneten den Schritt damit, daß man keinen amtierenden Präsidenten brauche. Hatif, der der kommunistischen Partei nicht angehörte, war erst vor vier Tagen mit dem Amt betraut worden, nachdem Präsident Nadschibullah von einer Koalition aus Mudschaheddin und der Armee entmachtet worden war.

In Kreisen des Außenministeriums wurde der Rundfunkbericht über Hekmatyar bestätigt. Wie verlautete, geht der Entschluß des Führers der radikal-islamistischen Hesb- i-Islami auf eine Begegnung mit dem entmachteten Vizepräsidenten Nadschibullahs, Mohammed Rafei, zurück. Beide hätten sich in der von der Hesb-i-Islami kontrollierten Provinz Logar südlich von Kabul getroffen, hieß es.

Hekmatyars Widersacher unter den Mudschaheddin, der als gemäßigt geltende Ahmed Schah Masud, hatte ihn noch am Mittwoch einen „Kriegshetzer“ genannt, aber dennoch die Hoffnung geäußert, eine gemeinsame Position mit dem Rivalen finden zu können. Das Zusammengehen der von Masud geführten Dschamiat-i-Islami mit Einheiten der Armee wird immmer deutlicher. Mindestens 1.000 Mudschaheddin näherten sich in Begleitung eines Obersts der regulären Streitkräfte der Hauptstadt. Gemeinsam mit Armeeoffizieren bezogen Kommandeure der Mudschaheddin Stellung vor den Toren Kabuls. Nach Angaben der Polizei wurde unbewaffneten Guerillas der Zutritt zur Hauptstadt erlaubt.

Die USA, die in den letzten Jahren vor allem Hekmatyar mit modernstem Kriegsgerät versorgten, wollen nun ihre Stinger-Raketen zurückhaben. Mit den leicht auf der Schulter zu transportierenden Raketen sollen Mudschaheddin während des Krieges 250 sowjetische Flugzeuge vom Himmel geschossen haben. Nach einem Bericht der 'Washington Post‘ von gestern fürchtet die US-Regierung nun, daß ihre ehemaligen Verbündeten die international gefragten Waffen an Terroristen oder „unfreundliche oder instabile Regierungen“ verschachern könnten. Statt Waffen will die US-Regierung Afghanistan in diesem Jahr humanitäre Hilfe in Höhe von 60 Millionen Dollar zukommen lassen. Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Margaret Tutwiler, teilte in Washington mit, das Geld sei bereits beim Kongreß beantragt worden. Weitere 20 Millionen Dollar sollen für die drei Millionen in Pakistan lebenden afghanischen Flüchtlinge bereitgestellt werden.