Senat will Einkaufsverkehr begünstigen

■ Verkehrsverwaltung weist Kritik des Einzelhandelsverbandes an Innenstadtkonzept zurück/ Autokunden spielen untergeordnete Rolle/ Ungelöstes Problem: Wohin mit dem Fahrrad?

Berlin. Die Bedenken des Gesamtverbandes des Einzelhandels (GDE) gegen eine bevorzugte Förderung von Bussen und Bahnen werden in der Senatsverkehrsverwaltung für gegenstandslos gehalten. Wie gestern berichtet, lehnt der Verband die Senatspläne ab, den Anteil der Nahverkehrsmittel zu Lasten des individuellen Autoverkehrs in der Innenstadt langfristig auf 80 Prozent zu steigern. Die Handelslobby befürchtet, daß dadurch Geschäfte schwerer erreichbar sind und Berlin für Kunden zur einer »Stadt der langen Wege« wird. Indem der Senat im Effekt die Berufspendler aus der Innenstadt verdränge und deshalb auch Kurzparker durch eine neue Form der Parkraumbewirtschaftung bevorzuge, solle ja gerade der Einkaufs- und Lieferverkehr begünstigt werden, erklärte dazu Verkehrssenator Haases persönlicher Referent Alexander Kaczmarek. Autokunden spielen in der City und den bezirklichen Einkaufszentren bereits heute eine untergeordnete Rolle im Einkaufsalltag, was der Verband verdrängt.

Nach Erhebungen der Forschungsstelle für den Handel fahren bloß 17 Prozent der Konsumenten mit ihrem Auto zum Einkaufen in die West-City längs des Kurfürstendamms und der Tauentzienstraße. Kundenumfragen der Forschungsgruppe Stadtverkehr (FGS) zufolge kommen dagegen in die Steglitzer Schloßstraße noch 45 Prozent des Käuferpublikums mit dem eigenen Wagen. Zählungen ergaben, daß gut ein Drittel aller Autofahrer die Einkaufsstraße nur als Durchfahrtsschneise benutzen. Im Vergleich zu anderen Einkaufszentren fließt durch die Schloßstraße mehr Verkehr, es werden aber weniger Umsätze gemacht, ermittelte die Forschungsgruppe. Es verwundert nicht, daß die in einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Gewerbetreibenden einem Konzept zur Verkehrsberuhigung der Einkaufsmeile positiv gegenüberstehen. Auf Kosten der Fahrbahnen sollen unter anderem breitere Bürgersteige und ein Radweg entstehen. Bislang gibt es freilich gerade vor den großen Kaufhäusern zu wenige Fahrradständer. Im Zuge eines gegenwärtigen Umbaus möchte Karstadt deshalb in seinem Parkhaus für 60 bis 80 Drahtrösser neue Abstellmöglichkeiten schaffen.

Auch beim KaDeWe am Wittenbergplatz existieren viel zu wenige »Parkplätze« für RadlerInnen. Doch die KaDeWe-Manager denken nicht daran, die Radler in ihr Parkhaus zu lassen. Grund: Das KaDeWe hat anders als Wertheim in der Schloßstraße nur die in der Stellplatzverordnung vorgeschriebenen Parkflächen. Wollte man die für Autos vorgesehenen Flächen umwidmen, müßte an das Land Berlin pro Stellplatz eine Ablösesumme von 40.000 Mark gezahlt werden.

Auf die Problematik habe man hingewiesen, hieß es in der Verkehrsverwaltung, über eine erneute Änderung der Stellplatzverordnung im Sinne der RadlerInnen könne »nachgedacht« werden. Im Prinzip seien allerdings Parkhäuser aus Sicherheitsgründen für das Abstellen von Fahrrädern denkbar ungeeignet, so Kaczmarek. Zu leicht könnten die durch die Parkhaus-Finsternis schleichenden RadlerInnen von eiligen AutofahrerInnen »plattgemacht« werden. Neue Fahrradständer vor den Türen der Kaufhäuser genehmige die Verwaltung als bessere Alternative gern. Thomas Knauf