Frau Außenminister

■ Sie kann Englisch und vielleicht mehr, als viele glauben

Frau Außenminister Sie kann Englisch und vielleicht mehr, als viele glauben

Hans-Dietrich Genscher hat die Welt verändert. Nach achtzehn Jahren unermüdlichen Herumgejettes zwischen Halle und den anderen vier Kontinenten ist Deutschland vereinigt, der Kommunismus tot, Kroatien anerkannt und die Dritte Welt aus den Schlagzeilen. Nun ist es Zeit, sich ein bißchen zur Ruhe zu setzen. Und dann darf auch mal eine Frau zur Hüterin des wohl bestellten Hauses aufsteigen. Irmgard Schwaetzer, ehemalige Apothekerin, ehemalige Generalsekretärin der FDP, ehemalige Schatzmeisterin der Partei und ehemalige Staatsministerin im Auswärtigen Amt, soll nun Deutschlands erste Außenministerin werden. Wenn die liberale Parteibasis nicht noch querschießt und den Prestigeposten für eine männliche Besetzung reklamiert.

Irmgard Schwaetzer gilt als zielstrebig, ordentlich, fleißig und ehrgeizig. Aber sonst fällt den Auguren der Bonner Szene nichts Positives zu ihr ein. Im Gegenteil: Es wird unverhohlen gefragt, ob sie das Zeug habe, in die Fußstapfen des großen Genschman zu treten. Dem Kanzler und der CSU mag das recht sein, wenn Frau Schwaetzer vielleicht alsbald unter Jetlag leiden sollte. Oder mit ihren Pumps und seidenen Hemdblusen bei George, Boris, Douglas, James und Francois nicht so gut ankommt wie der Mann mit dem gelben Pullover und den Segelohren. Übrigens: Unter wie vielen Schleiern verhüllt wird die Außenministerin in Teheran aus dem Flugzeug steigen, um die Ayatollahs zu begrüßen, mit denen Genscher so gern Kulturelles und Wirtschaftliches besprach? Kohl und Waigel, wie gesagt, mag es nur recht sein, wenn sich Frau Schwaetzer mehr ehrgeizig als fähig erweist. Denn die CSU drängt schon lange in die internationalen Beziehungen, und es wäre auch nicht der erste Versuch Kohls, im Kanzleramt eine eigene Außenpolitik zu etablieren. Aber was, wenn Frau Schwaetzer nicht nur fleißig und ehrgeizig ist, sondern sich auch noch als tüchtig entpuppen sollte, vielleicht als so tüchtig, daß die Medien gezwungen sind, sie und ihre Arbeit zur Kenntnis zu nehmen? Vielleicht setzt sie ja sogar ein paar Akzente — anders als die Vielzahl ihrer Vorgänger seit Otto von Bismarck? Immerhin hat die Kandidatin die letzten Reste von FDP-Frauenpolitik immer tapfer vertreten. Vielleicht wäre es ja nicht ganz auszuschließen, daß eine deutsche Außenpolitik den Überlebenskampf von Frauen in der Dritten Welt oder das Elend in den Bürgerkriegsgebieten mildern hilft. Ich hoffe, daß es Irmgard Schwaetzer dann nicht so geht wie Rita Süssmuth, die man, weil unbequem geworden, auf einen Ehrenposten abschob.

Im übrigen, liebe Frau Schwaetzer, vielleicht erinnern Sie sich noch an die Anfänge von Übervater Genscher: Als der 1974 vom Minister des Inneren zum Minister des Äußeren mutierte, mokierten sich nicht wenige Kommentatoren über die Fehlbesetzung: Der neue Mann im Auswärtigen Amt könne noch nicht einmal Englisch. Claudia Pinl

Journalistin, früher wissenschaftliche Mitarbeiterin im Ressort Frauenpolitik bei den Grünen im Bundestag