EUROFACETTEN
: DIA statt FBI

■ Italiens neue Polizei — ein Vorbild?

Gerade in dem Moment, wo die meisten Staaten endlich die große Gefahr von Drogenhandel, schwarzem Geld und politischer Korruption erkennen und erstmals Maßnahmen dagegen ergreifen, fällt den kriminellen Gruppen ein Himmelsgeschenk in den Schoß: der Ausverkauf der ehemaligen Ostblock- Staaten bei gleichzeitiger Nachfrage für den gefährlichsten Teil der Waren — Waffen jeder Größe, Art und Preiskategorie.

Das Geschenk ist aus zwei Gründen groß. Erstens geht die Ware in Länder, die von Europa und den USA aus — wo man sich derzeit der Gefahr am stärksten bewußt ist — kaum kontrollierbar sind, in die Dritte Welt. Zweitens besitzt die Polizei in den Durchlaufstaaten kaum Instrumente zur Blockierung der Entwicklung im eigenen Land. Hinweise auf die Gefahr gab es genug, sie wurden jahrelang als Versuche abgetan, die Polizei wieder ein Stück aufzurüsten. Über die Gefahr, daß die gigantischen Waffenarsenale des Ostens nicht kontrolliert vernichtet, sondern meistbietend verkauft werden, besteht heute kein Zweifel mehr, ebensowenig darüber, daß es unzählige Makler und Käufer wie die italienische Mafia dafür gibt. Um wenigstens den Unterweltbereich und die durchlaufenden Geschäfte unter Kontrolle zu bekommen, hat Italien soeben eine Koordinierungsorganisation geschaffen, die DIA. Sie wird oft mit dem amerikanischen FBI verglichen, doch gerade das ist falsch: mit der DIA sollen der Polizei zwei bisher fatale Elemente genommen und ein wichtiges neues dazugegeben werden. Erstens wird gerade die Militarisierung abgebaut, denn damit kriegt man weder die organisierte Kriminalität noch den Schwarzhandel unter Kontrolle, während man gleichzeitig Vertrauen beim Bürger verliert. Zweitens wird die oft starke politische Instrumentalisierung— beim FBI über Jahrzehnte hinweg ein prägendes Merkmal— ausgeschaltet. Statt dessen soll sich die neue Formation vor allem mit investigativem Intellekt ausstatten, um in kleinen Einheiten Fahndungsmethoden zu erarbeiten und anzuwenden, die die Wege der Illegalen besser als bisher erkennen und stören.

Eines der Hauptargumente für die Schaffung der DIA war die Notwendigkeit, unsere Polizei bis 1993 auf eine Art Europa-Niveau zu heben. Sieht man allerdings die Hilflosigkeit unserer Partnerländer gerade in Sachen Waffenhandel, muß man sich fragen, wo dieses Niveau tatsächlich zu finden ist. Pino Arlacchi

Professor für Soziologie an der Universität Florenz, einer der führenden Mafia-Forscher Italiens