Keiner redet von Olli

■ Heute abend spielt Werder Bremen in Lissabon gegen den AS Monaco um den Europapokal der Pokalsieger

Bremen/Lissabon (taz/dpa) — Keiner redet von Oliver Reck. Nicht mal Otto Rehhagel, und der redet ja bekanntermaßen gerne — auch und vor allem über Oliver Reck. Der virtuoseste Fliegenfänger der Nation ist für das heutige Endspiel im Europacup der Pokalsieger nach der zweiten gelben Karte im laufenden Wettbewerb, die er sich im Rückspiel gegen den FC Brügge einhandelte, gesperrt. Dafür darf dann Jürgen Rollmann ins Tor, und niemanden kümmert das. Außer uns. Uns wird Olli fehlen, vor allem seine gehetzten Interviews gleich nach Abpfiff: „Heute habe ich es mal wieder allen meinen Kritikern gezeigt“ oder auch nicht oder so oder so ähnlich.

Allzuviele Zuschauer werden nicht erwartet. Der Veranstalter, die Uefa, rechnet mit 30.000, und wenn überhaupt soviele kommen, ist das Stadion in Lissabon gerade mal zu einem Viertel gefüllt. Also werden Rollmann und die anderen Werderaner es hauptsächlich der Weltauswahl aus dem Fürstentum zeigen können. Beim AS Monaco kickt kein einziger Spieler mit einem monegassischen Paß, aber dafür Balltreter aus Liberia, Portugal, Senegal, Elfenbeinküste, Dänemark und Frankreich. Das Geld für das zusammengewürfelte Starensemble kommt vom Fürsten aller Monegassen selbst, der 18 Millionen Mark zum Etat beisteuert. Jeder in der Mannschaft ist zwar technisch außerordentlich beschlagen, aber Monaco bekam von Trainer Arsene Wenger seit dessen Amtsantritt vor fünf Jahren eine britische Taktik samt Vierer-Abwehrkette auf einer Linie und richtigem Flügelspiel eingetrichtert. Für die Verwertung der Flanken ist vor allem der kopfballstarke Liberianer Weah zuständig. Ex-Bremer Rudi Völler warnt die paar Ex-Kameraden, mit denen er noch gemeinsam bei Werder gegen den Ball trat, vor allem vor den Kontern: „Die beiden Angriffsspitzen Weah und Barros sind eminent gefährlich.“ Soso. Barros ist übrigens Portugiese und nährt bei Monacos Präsident Jean- Louis Campora die Hoffnung, daß das leidlich gefüllte Stadion wenigsten auf der Seite seiner Kicker stehen möge.

Der AS Monaco wäre wenn schon nicht der erste französische Verein, der einen Europapokal gewänne, dann doch zumindest der erste aus der französischen Liga. Zuletzt scheiterte im letzten Jahr Meister Olympique Marseille im Elfmeter-Schießen an Roter Stern Belgrad. Und Präsident Campora glaubt fest daran, daß der AS Monaco die schwarze Serie der Franzosen (oder eben nicht Franzosen) beenden wird: „Wir haben die bessere Form als Bremen“, was ohne Zweifel richtig ist, so wie Bremen in der Bundesliga im Mittelfeld rumkrebst. Monaco mußte sich erst vor zwei Wochen endgültig im Rennen um den nationalen Titel in Marseille geschlagen geben.

Die Bremer glauben natürlich genauso fest, wenn nicht noch fester an ihren Sieg. Das müssen sie schon deshalb, weil sie sonst nächstes Jahr nicht im Europacup vertreten wären. „Finanziell kämen wir aber dennoch nicht ins Rutschen“, meint zwar Werder-Präsident Franz Böhmert, aber die Profis können sich sicher nettere Abendunterhaltungen ausmalen, als an spielfreien Mittwochen über die Dörfer zu tingeln, um noch ein bißchen Geld in die Kasse zu bringen. Apropos Kasse: Mindestens 25.000 DM soll jeder Werder- Spieler beim Gewinn des Cups erhalten. Das wird sicherlich auch noch Rune Bratseth Beine machen, um dessen Einsatz Rehhagel noch bangt. Der Norweger laboriert noch an einer Oberschenkelzerrung.

Dafür, daß auch sonst nichts dazwischen kommt, dafür hat Willi Lemke schon längst gesorgt. Der Bundesliga-Pfiffikus und Werder- Manager ließ seine Beziehungen nicht nur in Duty-Free-Shops spielen: „Wir werden abgefertigt. Das hat man mir versprochen.“ Obacht ÖTV: Streikbrecher. to

Übertragen wird das Spiel ohne Grenzen und um Millionen ab 20Uhr vom ZDF.