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: Hasse mal 12,80?

■ »Das fröhliche Berlin HasserBuch« aus dem Eichborn-Verlag

Der urkomische Verlag mit der Fliege schlägt sie alle: Frauen und Männer, Kinder, Eltern, Hunde und Ärzte, kurzum: Er rührt an die letzten Tabuzonen der Gesellschaft. Und das nicht nur mit einer Klappe, sondern gleich mit zwei, zwischen denen sich immer zirka siebzig Seiten so groß gedruckter Text befinden, der auch dann noch lesbar ist, sollte man mal die Brille verlegt haben. In dieser Serie, in der alle drängenden Fragen des Zeitgeists auf humoristisch-literarische Art verwurstet werden, durfte nun ein Band nicht fehlen — das Berlin HasserBuch, denn Berlin-Bücher stehen gerade ungeheuer hoch im Kurs.

Berlin auf dem Weg zur Metropole, da fehlt es noch an vielem, bloß an einem nicht: In keiner anderen Stadt der neuen Republik wird so viel und so leidenschaftlich gehaßt wie in Berlin und jeder nach seinem Geschmack, horizontal oder vertikal: Oben gegen unten, Ost gegen West oder umgekehrt. Nur findet sich davon in diesem Druckwerk so gut wie gar nichts wieder. Statt dessen langweilen die Autoren mit lokalen Gemeinplätzen und Binsenwahrheiten, die sie aus dem bereits in Fülle vorhandenen Material abgekupfert haben: Los geht's mit einem historischen Exkurs nach Hausmacherart: Alles begann in Spandau. Es folgt ein bißchen Currywurst und Mauer, dazu ein Schuß Osten, aber keine These oder Aussage mit nur einer Spur Substanz, wer nun wen warum haßt oder auch nicht. Auf diesem literarischen Sextaner-Niveau darf man auch Köpenick nur mit »k« am Schluß schreiben, denn überhaupt scheint dieses Heftchen zu der neuen Generation von Büchern zu gehören, die ohnehin nicht mehr gelesen, sondern höchstens durchgeblättert werden sollen: Der Text ist eher als verlängerte Bildunterschrift zu den nicht minder komischen Cartoons zu verstehen.

Wort und Bild scheinen den Versuch zu unternehmen, die kongeniale Symbiose aus der Dummheit von Schultheiss- bis hin zu Anti-Berlinern zu schaffen, bloß ist er auf ganzer Linie mißlungen: Nicht bissig und kaum komisch, taugt dieses Heft nicht mal zum Verschenken an Freund oder Feind, es sei denn an den Redakteur, der es unbedingt rezensiert wissen wollte. Viel Spaß beim Blättern. Lutz Ehrlich