Flüchtlingskinder leben in Läusepensionen

■ Tagung des „Internationalen Sozialdienstes“ zum Problem unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge

Berlin (taz) — Der kroatische Junge, nennen wir ihn Zanko, mußte schon mit zwölf Jahren allein seine achtjährige Schwester und seinen vierjährigen Bruder betreuen. Seine Mutter war tot, sein Vater im Krieg, und ihre vorübergehende Bleibe im Kinderheim von Ossiek war zusammengebombt worden. Zanko erinnerte sich seiner Tante in Deutschland, nahm seine Geschwister bei der Hand und kam hierher.

Zankos Flüchtlingsschicksal ist leider so ungewöhnlich nicht. Wie Mitglieder vom deutschen Zweig des „Internationalen Sozialdienstes“ bei einer Tagung berichteten, leben Tausende von alleinstehenden Flüchtlingskindern in deutschen Großstädten. In Berlin beispielsweise sind es 1.045, in Hamburg 1.500, in Hessen rund 1.000. In vielen Ländern der Welt werden selbst Kinder und minderjährige Jugendliche verfolgt und zum Teil ins Gefängnis geworfen und gefoltert. Wenn sie es schaffen, sich nach Deutschland durchzuschlagen, kann ein Vormund, der in einer Betreuungseinrichtung arbeitet und von Amts wegen bestellt wird, für sie einen Asylantrag stellen. Ab 16 Jahren können sie dies auch selbst tun. Diese rechtliche Gleichsetzung mit Erwachsenen hat nach Auskunft der BetreuerInnen aus verschiedenen Bundesländern jedoch einen gravierenden Nachteil: Die Jugendlichen werden von den Behörden alleingelassen und in Sammellager oder wie in Berlin in sogenannte Läusepensionen gesteckt. Eine Behandlung, die für alleinstehende, ihrer Wurzeln beraubte Jugendliche noch schwerer zu verkraften ist als für Erwachsene.

Die BetreuerInnen lehnen deshalb die Unterbringung in Pensionen strikt ab und fordern für alle Bundesländer die Einrichtung von „Clearingstellen“, wo der Verbleib der Jugendlichen und ihre — möglichst muttersprachliche — Betreuung geklärt wird und sie über ihren Rechtsanspruch auf Leistungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes informiert werden. Zudem müsse die Teilnahme an Deutschkursen und eine Palette schulischer und beruflicher Ausbildungen möglich gemacht werden, „denn wir wollen verhindern, daß die Minderjährigen unbetreut durch die Städte geistern“.

Das alles garantiert natürlich noch lange nicht den positiven Bescheid ihres Asylantrags, die Anerkennungsquoten sind gleich niedrig wie bei den Erwachsenen. Auch der zwölfjährige Kriegsflüchtling Zanko wird hier nur geduldet. usche