Kleine Brocken für Elefanten

■ Stadtforum: Vier neue Ministerien in die Stadtmitte: Architektur-Elefanten oder dezentrale Einheiten

Berlin. Wird der »Raum Spreeinsel« — Thema der 20. Runde im Stadtforum — zum Zankapfel zwischen den »Gemeinde-Berlinern« und den »Staats-Berlinern«? Neben dem Bundespräsidenten, der sich das Kronprinzenpalais wünscht, wollen nun auch das Auswärtige Amt und das Innenministerium sowie die Ministerien für Wirtschaft und Finanzen mit Standorten die historische Mitte Berlins besetzen. »Das Maximalprogramm der Ministerien«, rechnete der Planer Peter Zlonicky, »liegt bei rund 230.000 Quadratmetern Nutzfläche.« Alle vier Ämter sollen in Neubauten untergebracht werden, obwohl der einstige Marstall, das Staatsratsgebäude, das Patentamt oder das Haus der Ministerien mit rund 160.000 Quadratmetern schon ausreichend Platz böten. Statt »Architektur-Elefanten«, die möglicherweise die Mitte städtebaulich zerschneiden, könnten sich die vier Ministerien »auf kleinere Einheiten verteilen«, schlug Zlonicky vor. Dezentrale Standorte kämen nicht nur der Kommune, der Öffentlichkeit und den kulturellen Einrichtungen entgegen. Sie bedeuteten auch, wie der Stadtplaner Hildebrand Machleit folgerte, daß sich »keine neue Grammatik« über das rechtwinklige Raster der Innenstadt legte. Zugleich könne sich das typische Berliner Raumsystem als Netz überschaubarer Abfolgen von Straßen und öffentlichen Plätzen in den maßstabslosen Bereichen entwickeln.

Kritisiert wurden Zlonickys Überlegungen von Wolfgang Neusüß (Bundesbauministerium), der auf den Erwartungen des Bundes zur repräsentativen Unterbringung der vier Ministerien beharrte: Die Arbeitsfähigkeit der Ämter garantierten allein neue funktionale Komplexe. Kleine dezentral verteilte Einheiten dagegen störten die Kommunikation zwischen Parlament und Ministerium. Neusüß plädierte für einen städtebaulichen Wettbewerb, der Ideen für die Berliner Bundesmitte bringen könne. Gegen »Masterpläne vom Alex bis zum Pariser Platz« sprach sich Senatsbaudirektor Hans Stimmann aus. Mittels der Methode der »kritischen Rekonstruktion« könne der Berliner Mitte wieder ihr typisches Profil zurückgegeben werden. Stadtentwickklungssenator Volker Hassemer (CDU) widersprach den Absichten postmoderner Nachschöpfung für Mittelalter- und Biedermeier-Fans, denn die Spreeinsel müsse sich neben dem kommunalen und kulturellen jetzt auch zu einem nationalen Zentrum entwickeln. Auch Harald Bodenschatz (Planer an der TU) erläuterte, daß die »sozialistische Mitte« zu den städtebaulichen Traditionen Berlins zähle — und nicht nur das »alte Berlin«. Bereits in den zwanziger Jahren seien Planungen gegen die bürgerliche Enge der Innenstadt entwickelt worden, die nach 1945 zum Bau eines Regierungsviertels nördlich des Bandes Leipziger Straße/Fischerinsel/Alexanderplatz führten. Bodenschatz regte an, diesen Standort »sorgsam« auszubauen. Rolf R. Lautenschläger