Grenzstreifen ist weiterhin Schuttkippe

■ Anzeigenlawine wegen Abkippens von Bauschutt/ Firmendurchsuchung ohne abschreckenden Effekt

Berlin. Die ehemaligen Grenzstreifen rund um West-Berlin werden weiterhin als illegale Schuttkippen genutzt. Seit Februar dieses Jahres registrierte die Umweltkripo vierzig bis fünfzig Anzeigen, die sich auf illegale Schuttentsorgung beziehen, erklärte der zuständige Leiter Hans- Jörg Richter.

Ende Februar hatte die Umweltkripo eine großangelegte Razzia in zwölf Bauschuttunternehmen durchgeführt. Bei der Aktion waren damals Beweise gefunden worden, daß die Unternehmen außer Bauschutt auch hochgiftigen Sondermüll illegal ablagerten.

Die Hoffnung, mit der Durchsuchung eine abschreckende Wirkung erzielt zu haben, erfüllten sich für die Umweltkripo hingegen nur zum Teil. Nach den bisherigen Erkenntnissen sei seitdem im Grenzstreifen bloß kein giftiger Sondermüll mehr abgelagert worden, sagte Hans-Jörg Richter.

Erst in der vergangenen Woche erfuhr jedoch die Potsdamer Kripo von einer möglicherweise gifthaltigen neuen Ablagerung. Im Grenzstreifen an der ehemaligen Übergangsstelle Drewitz am Teerofendamm fand sich auf einer Länge von anderthalb Kilometern Sand, von dem stellenweise ein intensiver Geruch von aromatisiertem Mineralöl ausging. Untersuchungsergebnisse über die genaue Beschaffenheit des abgeladenen Erdreichs liegen noch nicht vor.

Laut Auskunft der Potsdamer Kriminalpolizei hatten Anwohner gesehen, wie in den vergangenen Wochen Lastwagen mit Berliner Kennzeichen den Sand einfach abkippten. Der Berliner Umweltkripo sind einige der angezeigten Abbruch- und Erdbauunternehmen aus dem Westteil der Stadt schon einschlägig bekannt. Ihnen Verstöße gegen das Abfallrecht nachzuweisen dürfte leichtfallen: Mehrmals seien Fahrer dieser Firmen an Ort und Stelle ertappt worden und hätten dann offizielle Fahraufträge ihrer Auftraggeber vorgewiesen, hieß es bei der »Gesellschaft zum Abbau und zur Verwertung von Altanlagen und Altlasten« (AVA), die von der Bundeswehr mit der Abräumung des ehemaligen Grenzstreifens beauftragt ist.

Der Umweltbeauftragte der AVA, Peter Förster: »In den Fahraufträgen waren die Verkippungen im Grenzstreifen festgeschrieben.« Die Unternehmen lassen ansonsten nichts unversucht, um das ungenehmigte Abkippen zu verheimlichen. So planierten die fraglichen Unternehmen oft gleich die Abfälle mit Raupenfahrzeugen unter, damit der Müll aus dem Blickfeld verschwindet, erklärt Förster.

Vielfach kommt die Polizei dann nur auf die Spur der Umweltsünder, weil Anwohner ihre Beobachtungen den zuständigen Stellen melden.

Fast der gesamte Grenzstreifen vom Süden der Stadt über Neukölln/ Treptow bis Spandau/Staaken ist inzwischen auf großen Abschnitten mit Bauschutt und Sondermüll zugekippt. Bevorzugtes Ziel der Müllfahrer wegen der günstigen Anfahrt über die B 96 und der fehlenden Anwohner: der Streifen zwischen dem Ortsteil Lichtenrade und Groß-Ziethen. Thomas Knauf