Tausende von Radlern legen City-Ring lahm

■ Innenstadtring war gestern stundenlang faktisch autofrei/ Raddemos und Menschenkette gegen, SPD-Chef Momper für Schließung des City-Rings

Berlin. Tausende von Radfahrern und Fußgängern legten gestern faktisch den Innenstadtring lahm. Sie protestierten mit mehreren Demonstrationen während des gesamten Nachmittags gegen die Pläne des Senats, den 18 Kilometer langen Straßenring zu schließen. Auf dem Ring, der sich durch die Bezirke Kreuzberg, Friedrichshain, Prenzlauer Berg und Tiergarten zieht, fanden insgesamt elf Straßenfeste statt, durch die es zu zusätzlichen Verkehrsbehinderungen kam. Die Entlastungsstraße war auf allen vier Fahrbahnen für den Autoverkehr gesperrt. Das Fest an der Kreuzberger Oberbaumbrücke, die der Senat für den Autoverkehr öffnen will, wurde von mehreren tausend Menschen besucht. Gegen 18 Uhr sollte eine Menschenkette auf den Ringstraßen geschlossen werden. Bis Redaktionsschluß stand nicht fest, ob die dafür nötigen 12.000 Teilnehmer zusammengekommen waren.

Der Autoverkehr brach in den betroffenen Bezirken weitgehend zusammen. Die Polizei schien mit der Regelung der angemeldeten Demonstrationen völlig überfordert. Mangels Anwesenheit von Ordnungskräften kam es immer wieder zu Konflikten mit Autofahrern, die die Fahrraddemonstrationen kreuzen wollten. Invaliden-/Ecke Chausseestraße wurde einem Saab die Windschutzscheibe eingetreten, als der Fahrer über einen auf der Straße liegenden Drahtesel rüberfahren wollte. Die Polizei wußte bis Redaktionsschluß weder, wieviel Leute an der Protestaktion von einem aus über 50 Bürgerinitiativen und Verbänden gebildeten »Bündnis Innenstadtring« teilgenommen hatten, noch, wie viele Autofahrer im Stau steckengeblieben waren.

CDU-Fraktionsvorsitzender Klaus Landowsky warf den SPD-Bezirksbürgermeisterkandidaten und Stadträten vor, sie würden die mit der SPD abgesprochenen Verkehrsplanungen »sabotieren«. Alle fünf Bürgermeisterkandidaten der Innenstadtbezirke wenden sich gegen die Schließung des Ringes und den geplanten Tiergartentunnel, und vier hatten angekündigt, sich an den Demonstrationen des »Bündnis Innenstadtring« zu beteiligen. Landowsky betonte gegenüber der taz, daß der Landeschef der SPD, Walter Momper, und der SPD-Fraktionsvorsitzende Ditmar Staffelt dafür sorgen müssen, daß in ihrer Partei die »widersprüchliche Politik« aufgegeben werde.

Momper sagte, daß die im vergangenen Dezember getroffene Vereinbarung zwischen SPD und CDU, nach der der City-Ring geschlossen und der Tiergartener Autotunnel gebaut wird, zweifelsfrei eingehalten werde. Daß Bezirksbürgermeister andere Positionen verträten, sei legitim — schließlich müßten sie sich für die Interessen ihrer Bezirke stark machen. Die Gesamtberliner Sicht sei aber eine andere. Dirk Wildt