Studs Terkels Geschenk

■ Der amerikanische Meister der „oral history“ veröffentlicht ein neues Buch über die „colorline“

Er ist mittlerweile 80, der alte Mann aus Chicago. Studs Terkel: Als Kind in die Industriemetropole gekommen, blieb er ihr Zeit seines Lebens treu, erlebte ihre Metamorphosen. Vom Schauspieler zum Discjockey und Sportkommentator probierte er alles aus, bis er zu dem kam, was er seit 35 Jahren macht und was durch ihn lebt und atmet: eine tägliche Radio-Talkshowsendung bei WFMT-Radio, die landesweit übertragen wird. Es sind die Geschichten des kleinen Mannes, der kleinen Frau, der Leute von unten, die er verewigt: „oral history“, Gedächtnis, Vermächtnis in einem Land der Schnellebigkeit.

Zu seinen früheren Büchern gehören: Division Street, Talking to Myself, American Dreams: Lost and Found (auf deutsch bei Wagenbach, Geschichte der Einwanderer um die Jahrhundertwende), Chicago, The Good War (Amerika im Zweiten Weltkrieg, deutsch bei Reclam und Schneekluth) und The Great Divide (über das Farmersterben in den USA). Daß sich Studs Terkel nun in Gesprächsprotokollen dem Thema „Rasse“ widmet, ist hochaktuell zu einer Zeit, wo die Bilder der Aufstände in Los Angeles noch auf unserer Netzhaut brennen. In seinem Buch sprechen Schwarze und Weiße über ihre Ängste, Erfahrungen, wie die Hautfarbe ihre täglichen Erfahrungen prägt(e), ihre Selbstbilder formt(e). „Studs Terkel ist mehr als ein Autor, er ist eine nationale Ressource. Viele schreiben über Präsidenten. Studs dringt ins Herz unserer Geschichte und unseres Lebens vor“, so der Historiker John Kenneth Galbraith. Man kann nur hoffen, daß sich bald ein deutscher Verlag finden möge, der Studs Terkels Vermächtnis übersetzt. AS

„Race, how blacks&whites think&feel about the american obsession“, The New Press, New York