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KOMMENTAREine richtige Konferenz

■ Die G-7-Staaten meinen es offenbar mit der Hilfe für den Osten ernst

Eine richtige Konferenz Die G-7-Staaten meinen es offenbar mit der Hilfe für den Osten ernst

Zuviel Klappern verdirbt das Geschäft. Diese Erfahrung hat am Wochenende Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann machen müssen. Den West-Ost-Gipfel der Wirtschafts-, Industrie- und Handelsminister verlegte er ausgerechnet ins westfälische Münster, seinem Wahlkreis. Die Universitätsstadt sollte zusammen mit einer Marketing-Tochterfirma der nordrhein- westfälischen Staatsbank WestLB neben dem Gipfel auch noch ein Stadtfest organisieren. Selbst den regierungstreuesten Medien war diese Selbstinszenierung des Ministers zuviel: Sie verweigerten die Berichterstattung.

Damit hat Möllemann leider nicht nur sich selbst geschadet, sondern auch der Konferenz, die richtig und wichtig war. Tatsächlich war es das erste Mal, daß sich Minister aus dem exklusiven Klub der G-7-Staaten USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Kanada nicht bloß untereinander über die Stabilisierung der Weltordnung unterhielten, sondern mit den Ländern diskutierten, die Thema der Beratungen waren. Erstmals auch ging es nicht um mehr oder weniger realistische Milliardensummen, die für den Umbau der Planwirtschaften aufzubringen seien, sondern darum, wie Geld und Wissen am sinnvollsten eingesetzt werden können.

Abschlußdokumente von G-7-Gipfeln strotzen normalerweise vor Allgemeinplätzen, weil sie der kleinste gemeinsame Nenner regierungsamtlicher, oft weit auseinanderliegender Meinungen sind. Gemessen daran ist das Dokument des Münsteraner West-Ost-Gipfels in einigen Abschnitten erstaunlich konkret. Immerhin auch verabredeten die 15 Teilnehmerstaaten, auf welche Ziele sie hinarbeiten wollen und daß gemeinsame Arbeitsgruppen die Umsetzung der Pläne kontrollieren sollen. Zumindest die westeuropäischen Wirtschaftsminister verzichteten in Teilen der Diskussion auf marktideologische Rhetorik und räumten im Schlußdokument sogar ein, daß ihre Erfahrungen nicht immer und unbedingt auf „den Osten“, der ja jetzt kein Block mehr ist, übertragbar seien.

Auch wenn Wirtschafts- und Handelsminister der Industriestaaten in der Regierungshierarchie nicht so wichtig sind wie Außen- oder Finanzminister: Sie reden immerhin in den Kabinetten mit. Der Wirtschaftsminister-Gipfel wurde von Möllemanns West-KollegInnen für so wichtig gehalten, daß sie selbst kamen und sich nicht durch Staatssekretäre vertreten ließen. Das ist auf jeden Fall ein Zeichen, daß es die G-7-Regierungen mit der Hilfsbereitschaft für Osteuropa ernst meinen. Die Pauschalkritik der BUKO-Initiativen an den G-7 wirkt genau deshalb völlig losgelöst von der politischen Realität. Anstatt den West-Ost-Gipfel zu verteufeln, wäre die Forderung nach einem ernstgemeinten Nord-Süd-Gipfel sehr viel glaubwürdiger. Donata Riedel

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