GASTKOMMENTAR
: Ordnung schaffen mit mehr Waffen?

■ Die UNO-Debatte dient der Legitimation jeglicher Bundeswehreinsätze in Übersee

Wieder einmal ist die Bundeswehr im Auftrag der UNO im Einsatz in Übersee. Diesmal sind Sanitäter auf dem Wege nach Kambodscha. Politik der kleinen Schritte? Zeit der Gewöhnung? Werden demnächst auch deutsche Kampftruppen in die weite Welt entsandt, um Ordnung zu schaffen mit immer mehr Waffen? Seien wir uns im klaren: Die UNO ist (gemäß Kapitel 6 und 7 ihrer Charta) ein kollektives Sicherheitssystem. Deutschland „kann sich“ (gemäß Artikel 24 des GG) „einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen“. Das hat es vor neunzehn Jahren mit seinem (vorbehaltlosen) Beitritt zur UNO getan. Zwar kann nach der UNO-Charta niemand den souveränen Staat Deutschland dazu zwingen, die Bundeswehr zur Verwirklichung dieses Sicherheitssystems einzusetzen. Aber wenn er will, dann kann er, und niemand in Deutschland braucht sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ob er darf oder nicht. Er darf.

Doch halten wir fest: Das UNO-Sicherheitssystem wurde bisher durch militärische Kontrollmaßnahmen verwirklicht („Blauhelme“), doch noch nie durch militärischen Kampfeinsatz. Schon gar nicht etwa durch die Kriegsführung gegen den Irak im vergangenen Jahr. Diese war lediglich eine Aktion der mit Kuwait verbündeten Staaten, für welche die UNO ihre Zustimmung gegeben hatte. Sie fand nicht (wie die „Blauhelm“-Einsätze) unter dem Oberbefehl der UNO und unter der Kontrolle des UNO-Sicherheitsrates statt. Der Oberbefehl war amerikanisch, die Kontrolle hatte der Sicherheitsrat an die USA und ihre Verbündeten abgegeben.

Nehmen wir also zur Kenntnis: Der Krieg gegen den Irak war keine Verwirklichung des kollektiven Sicherheitssystems der UNO. Zu der wird es aller Voraussicht nach auch in der überschaubaren Zukunft nicht kommen. Vielmehr deutet alles darauf hin, daß das Modell Golfkrieg Schule machen wird. Woraus sich ergibt: Die Frage einer deutschen Beteiligung an militärischen Kampfeinsätzen im Rahmen des UNO-Sicherheitssystems stellt sich nicht und wird sich bis auf weiteres auch nicht stellen. Die Diskussion hierüber wurde in Deutschland offenkundig nur in Gang gesetzt, um unter heftigem Wedeln mit der UNO-Flagge einen Freibrief für jede Art von nationalem Bundeswehreinsatz in Übersee („out of area“) zu erhalten.

Und bedenken wir: Ein lohnenderes Ziel wäre es, sich für eine Verwirklichung des UNO-Sicherheitssystems einzusetzen. Über die deutsche Beteiligung kann man dann später immer noch nachdenken. Hans Arnold

Arnold arbeitet als Publizist, war von 1951-87 im Auswärtigen Dienst, u.a. in Frankreich und den USA, später Botschafter in den Niederlanden, Italien und bei der UNO in Genf.