Presseagentur von Prediger gekauft

■ USA: Die einst für kritische Berichterstattung berühmte 'United Press International‘ geht an den Fernsehpfarrer Pat Robertson/ Dessen Sender CBN predigt das Evangelium und christliche Moral

Rutland/Washington (afp/taz) — Die amerikanische Radiostation CBN des evangelikalen Fernsehpredigers Pat Robertson hat am Dienstag den Zuschlag für die Übernahme der US-Nachrichtenagentur United Press International ('upi‘) erhalten. Robertson war der einzige Kandidat, der bei einer Auktion bereit war, sechs Millionen Dollar (knapp zehn Millionen Mark) für sämtliche Ativitäten der 'upi‘ zu bieten. Die Agentur, die seit April unter Gläubigerschutz steht, war vom Konkurs bedroht. Robertson hat bereits eine erste Zahlung von 900.000 Dollar geleistet und muß bis zum 26.Mai weitere 300.000 Dollar in zwei Raten überweisen.

Die einst wegen ihrer unabhängigen und kritischen Berichterstattung berühmte Agentur befindet sich seit Jahren in finanziellen Schwierigkeiten und verzeichnet Ausgaben in Höhe von 52,8 Millionen Dollar gegenüber Einnahmen von lediglich 18,2 Millionen Dollar. Ohne zusätzliche finanzielle Mittel hätte die Firma am Freitag ihre Aktivitäten einstellen müssen, weil sie die Gehälter ihrer Angestellten nicht mehr bestreiten konnte.

Die Agentur war 1907 unter dem Namen United Press von dem Pressemagnaten E.W. Scripps gegründet worden. Scripps reagierte damals auf die Weigerung der amerikanischen Presseagentur Associated Press ('ap‘), ihm ihre Dienste zu verkaufen. Um dem etablierten Rivalen Konkurrenz zu machen, zeichnete 'up‘ sich schnell durch einen lebendigeren und flexibleren Stil aus. 1958 fusionierte 'up‘ mit dem International News Service von Randolph Hearst zu 'upi‘.

Nach dem Zusammenschluß verfügte die Agentur Ende der fünziger Jahre über 6.000 Beschäftigte und weltweit 5.000 Kunden. Als 'upi‘ im vergangenen Sommer Gläubigerschutz beantragte, zählte sie noch 586 Angestellte in 140 Büros in 90 verschiedenen Ländern, versorgte aber nur noch etwa 2.500 Kunden.

Bereits 1971 mußte 'upi‘ in der Bundesrepublik vor der Deutschen Presseagentur ('dpa‘) kapitulieren: Anstatt weiter journalistisch zu konkurrieren, einigten sich die beiden Agenturen auf einen Kooperationsvertrag zur gegenseitigen Auswertung der Nachrichten aus ihren Heimatländern — sehr zum Bedauern des 'Spiegel‘, der 1971 die US-amerikanische 'upi‘ für ihre Aufklärungsarbeit auf den Gebieten lobte, „wo 'dpa‘ brav offizielle Verlautbarungen abwartete“.

Hauptrivale der 'upi‘ war vor allem 'ap‘. Die Rivalität fand ihren Höhepunkt beim Attentat auf den US- Präsidenten John F. Kennedy am 22.November 1963 in Dallas. 'upi‘- Korrespondent Merriman Smith war der erste Reporter, der die Nachricht an seine Redaktion telefonierte und dabei die einzige Telefonzelle weit und breit besetzte. Er erhielt für seine Berichterstattung über das Attentat den Pulitzerpreis. Insgesamt wurden Journalisten und Fotografen von 'upi‘ neunmal mit der begehrten Prämie ausgezeichnet.

Die Agentur war 1982 von ihrem Gründer an ein Konsortium von Geschäftsleuten aus Tennessee verkauft worden. 1985 meldete sie Konkurs an. Ein Jahr später wurde sie von einem Mexikaner und einem Texaner für 41 Millionen Dollar aufgekauft. Schließlich wechselte die Firma 1988 ein weiteres Mal den Eigentümer, als sie von der Gruppe Infotechnology übernommen wurde. Diese hatte 1990 jegliche finanzielle Unterstützung der Agentur eingestellt.

Der Fernsehprediger Pat Robertson gehört zu den berühmtesten Fernsehpredigern der Vereinigten Staaten. Der 61jährige Chef der christlich ausgerichteten Radiostation CBN (Christian Broadcasting Network) war 1988 als Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner angetreten, dabei aber George Bush unterlegen.

Robertson betonte in einer Stellungnahme vor Journalisten, er sei besonders an der Aktivität der Agentur in Lateinamerika und ihren Hörfunkdiensten interessiert. Er wolle 'upi‘ nicht in eine christlich ausgerichtete Firma umwandeln, versicherte er.

CBN produziert regelmäßig die Sendung 700 Club, in der Robertson Millionen von Amerikanern das Evangelium und christliche Moral predigt. dri