Damals im Asyl vor 1.500 Obdachlosen

■ Der „N.Y. Street Theatre Caravan“ im Interview

taz: Ihr seid in Bremen keine Unbekannten. Wo ist denn der Rest der Gruppe?

Melba LaRose: Seit einiger Zeit gibt es nur noch uns drei Frauen und unsere Regisseurin Marketa Kimbrell. Wir waren mal fünfzehn Leute, die Männer machen andere Sachen, wegen des Geldes. Immerhin verdingen wir uns auch noch nebenher als Lehrerin, Serviererin und ich bei Hollywood-Filmen.

Warum habt ihr ein Stück über obdachlose Frauen ausgewählt?

Marcia Donalds: Wir spielen das jetzt vier Jahre. Ende der achtziger Jahre nahm die Zahl der „homeless people“ in Amerika und speziell in New York dramatisch zu. Und wir, wir hatten immer viel Kontakt mit Leuten auf der Straße, schließlich ist das Theater-Kollektiv oft in Obdachlosen- Asylen, in Gefängnissen oder auf Bürgersteigen aufgetreten. Aus den vielen Eindrücken zum Thema haben wir dann „Blues in Rags“ entwickelt - und dann zu den Menschen getragen, die es angeht, zu den Obdachlosen. Unerwarteterweise haben die es teilweise begeistert aufgenommen, selbst wenn sie high waren wie sonst was. Mindestens fünfzig Mal haben wir das gemacht; und der größte „shelter“ in New York beherbergt zum Beispiel 1.500 Männer.

Aber auf der Straße spielt ihr nicht mehr so oft.

Marcia Donalds: Ja, aber wir könnten es ohne Probleme, denn unsere Spielweise ist sehr körperlich. Viel Requisiten oder Vorhänge brauchen wir nicht. Zudem halten wir uns mit unseren Themen sehr an der Wirklichkeit draußen auf den Straßen.

Wie haltet ihr's dabei mit dem Feminismus?

Marcia Donalds: Den feministischen Kampf gibt es noch, nur die politischen Strukturen konnten da nicht mithalten. Frauen werden häufig zuerst entlassen, eine Abtreibung wird immer schwieriger — das haben Männer beschlossen. Immer mehr Frauen scheinen so in eine Isolation zu geraten, die der feministischen Idee nicht förderlich ist. Und wer längere Zeit auf der Straße lebt, verliert alle Bindungen.

Seid ihr noch ein „linkes“ Theater?

Melba LaRose: Natürlich, jedenfalls sagen das die Leute über uns. Wir haben ein soziales Gewissen, wir kümmern uns um Gerechtigkeit. Das kann man geradezu sozialistisch nennen.

Wieviele ähnliche Gruppen gibt es noch in den USA?

Melba RaRose: Soweit wir wissen, kaum eine. Die können sich das finanziell nicht mehr leisten. Selbt die „San Francisco Mime Troupe“ ist jetzt mehr eine Produktionsgesellschaft geworden. Wir aber machen weiter. Jürgen Francke