Alles neu macht der Mai

■ Im Kampf gegen die Werbeeinbußen: ARD-Männer beschlossen ein einheitliches Vorabendprogramm und eine zusätzliche „Tagesschau“

Frankfurt (dpa/ap/epd/taz) — Auf ein bundesweit einheitliches Vorabendprogramm und eine weitere Folge der Tagesschau um 18.30 Uhr haben sich die ARD-Intendanten auf ihrer zweitägigen Sitzung in Frankfurt/Main geeinigt. Die „Harmonisierung“ des Programms sei einigen Rundfunkanstalten „nicht leichtgefallen“ erklärte der ARD-Vorsitzende Friedrich Nowottny. Der Beschluß sei jedoch notwendig gewesen, um die Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der Fernsehwerbung zu steigern.

Die Werbeverluste der ARD, die seit 1988 rund 550 Millionen Mark betragen, sollen zumindest zu einem Teil wieder ausgeglichen werden. Schon heute würden private Veranstalter mit Werbung täglich eine Million Mark mehr einnehmen als vor einem Jahr. „Wir können nicht mit großen Augen zuschauen, daß die Kassen bei den Privaten klingeln und bei uns schrumpfen“, sagte Nowottny.

Mit Ausnahme von Bremen und Berlin soll das bundesweit einheitliche Programm zwischen 17.25 und 20.00 Uhr ab 1993 angeboten werden. In Bremen hatte es starke Proteste gegen eine Beschneidung des beliebten Magazins Buten un Binnen gegeben. Nun soll in der Hansestadt neben dem Programm von Radio Bremen auch das vom NDR und in Berlin außer dem ORB-Abgebot auch das vom SFB ausgestrahlte Programm empfangbar sein. Die zusätzliche zehnminütige Tagesschau soll es um jeweils 18.30 Uhr geben. Für Mitte der neunziger Jahre kündigte der neue ARD-Programmdirektor Günter Struve eine tägliche Soap- opera an. Bei der ARD sei das Vorabendprogramm der ideale Platz für ein derartiges Angebot. Ihn ärgere, daß RTLplus als erster Sender eine solche Serie auf den Markt bringe.

In diesen Tagen gehen nach Angaben Nowottnys die Verhandlungen über die Bundesligarechte von 1992 bis 1997 weiter, die sich bereits die Sat.1-Gesellschafter gesichert haben. „Fußball ist wichtig, aber nicht seligmachend und schon gar nicht alleinseligmachend“, meinte der ARD-Vorsitzende. Er gehe davon aus, daß ARD und ZDF eine Vereinbarung mit den Rechteinhabern erzielen werden.

Die Einführung eines Werbeblocks („Vampirblocks“) nach Mitternacht, um die sich die ARD vor Gericht mit den Privaten streitet, stößt derzeit nach Ansicht der Justitiarin Antje Pieper auf „politischen Widerstand“. Unter politischem Druck sieht sich die ARD nach Nowottnys Worten auch hinsichtlich der Frequenzverteilung — derzeit besonders in Nordrhein-Westfalen, wo für das Sat.1-Programm neue Ausstrahlungsmöglichkeiten gesucht würden. „Wo es freie Frequenzen gibt, wollen die Politiker, gleich ob SPD oder CDU, sie den Privaten zuschanzen“, kritisierte der ARD- Vorsitzende. Mit weiteren privaten Fernsehanbietern wie Westschiene und RTL2 werde es zunächst unter den Privaten zu einem „verschärften Kampf“ um terrestrische Frequenzen kommen, glaubt er.

Zum geplanten Nationalen Hörfunk hoffen die Intendanten auf einen Abschluß der Verhandlungen noch in diesem Jahr. Bund und Länder müßten darüber nachdenken, wie man mit der „Erbmasse“ und den etwa 1.600 Mitarbeitern von Deutschlandfunk, Rias Berlin und DS-Kultur umgeht, meinte Nowottny. Die drei Häuser sollen gemeinsam den Nationalen Hörfunk bilden.

Beim geplanten europäischen Nachrichtenkanal Euronews, der am 9. Juni in Lyon gegründet wird, will die ARD zunächst nur eine Beobachterrolle einnehmen. Der Europäische Kulturkanal Arte, der seinen Sendebetrieb am 30. Mai aufnimmt, wird nach Angaben Nowottnys in Deutschland nicht per Antenne zu empfangen sein. In der Sitzung wurde der frühere ARD-Programmdirektor Dietrich Schwarzkopf verabschiedet. Als Vizepräsident des Europäischen Kulturkanals Arte bleibt er den an der Trägergesellschaft beteiligten ARD-Anstalten weiter verbunden.