Dürren im südlichen Afrika sind nichts Neues

■ betr.: "Afrikas Misere von Dürre verschärft" (Tagesthema), taz vom 6.5.92

betr.: „Afrikas Misere von Dürre verschärft“ (Tagesthema),

taz vom 6.5.92

[...] Gerade am Beispiel Simbabwe läßt sich aufzeigen, daß die aktuelle Nahrungsmittelknappheit aus sehr vielschichtigen Entwicklungen resultiert:

—Dürren sind im südlichen Afrika nichts Neues. Es läßt sich anhand meteorologischer Aufzeichnungen nachweisen, daß alle zehn Jahre, nämlich zu Beginn der Dezennien, zwei trockene Jahre zu erwarten sind. Dennoch hat die Regierung Simbabwes ihre Vorräte an Maismehl — die letzte Ernte war sehr gut— ans Ausland verkauft. Ihr wird deshalb von einheimischen Kritikern Mißmanagement vorgeworfen.

—Die traditionelle afrikanische Landwirtschaft kannte mehrere Möglichkeiten, mit Krisen umzugehen: Es wurden unterschiedliche Nahrungsmittel angebaut, wie zum Beispiel Hirse und Maniok, um zu garantieren, daß zumindest eine Sorte Ertrag bringt. Diese alten Sorten waren auch wesentlich dürrebeständiger als der während der Kolonialzeit eingeführte Mais, vor allem wenn es sich um hochgezüchtete Sorten handelt.

Außerdem kannten afrikanische Bauern ein Vorratssystem in Erdlagern —„pit-stores“ —, in denen nicht nur die neue Saat, sondern auch Vorräte für Krisenzeiten eingelagert wurden. Durch die Vermarktung der Maiskörner und den Rückkauf des gemahlenen Maises in Form von „Mealie-Mehl“ ging diese Vorratswirtschaft zum großen Teil verloren.

—Auch innerhalb Simbabwes gibt es große Unterschiede zwischen Gegenden mit gutem und weniger gutem Niederschlag. Die Flächen mit den besseren Anbaubedingungen wurden während der Kolonialzeit von den weißen Farmern besetzt, die Plantagenwirtschaft mit Monokulturen oder extensive Viehwirtschaft betrieben. Auch nach der Unabhängigkeit hat sich daran wenig geändert, die Landreform ist leider in den Anfängen steckengeblieben. So werden noch heute auf den besten Flächen, die zum Teil auch über künstliche Bewässerungssysteme verfügen, Nahrungsmittel, Tabak oder Blumen(!) für den Export angebaut.

—Die Exportorientierung der sehr produktiven Landwirtschaft —die auch in Dürrejahren genügend Lebensmittel für die Bevölkerung produzieren könnte— wird so lange anhalten, wie Simbabwe gezwungen ist, Kredite der Weltbank abzubezahlen. Es ist deshalb erstaunlich, daß Hans Brandt ausgerechnet von den Strukturanpassungsmaßnahmen eine positive Korrektur der internen Preisbildung erwartet. Die vom IWF geforderte Öffnung des simbabweschen Marktes für Lebensmittelprodukte wird im Gegenteil dazu führen, daß auch dieser Markt mit subventioniertem Getreide aus der EG und den USA überschwemmt wird und die lokalen Preise weiterhin sinken werden, zuungunsten der Kleinbauern. All dies wird noch verbrämt als „Lebensmittelhilfe“.

Die tatsächlichen Auswirkungen der Dürre werden erst ab September/ Oktober zu spüren sein, denn dies sind die Monate nach der Ernte, die dieses Jahr sehr schlecht ausfallen wird. Es geht mir nicht darum, die fatalen Zustände zu verharmlosen, und ich finde es auch richtig, von der EG umfassende unentgeltliche Nahrungsmittelhilfe zu fordern. Das alltägliche Leid der ärmeren Bevölkerung wird sich mit einer Dürre noch verschlechtern. Es ist aber notwendig, daß gerade eine Zeitung wie die taz nicht auf der medienwirksamen Welle der „Hungerkatastrophe in einem von der Natur schlecht ausgestatteten Kontinent“ mitschwimmt. Afrika hat beste Voraussetzungen, um genügend Nahrungsmittel für seine Bevölkerung und darüber hinaus zu produzieren. Wenn dies nicht der Fall ist, so sind die Hintergründe in der Verteilung des Landes und der Einbindung der Weltmarktsysteme zu suchen.

Auch politische Unruhen —wie in Mosambik, Ruanda, Somalia, Kenia, Südsudan— führen zur Unterbrechung der landwirtschaftlichen Produktion und Nahrungsmittelknappheit. Mit Lebensmittelgeschenken können zwar aktuelle Nöte gelindert werden, an den zugrunde liegenden Mißständen wird damit jedoch nichts verändert. Eva Engelhardt, West-Berlin