Harte Strafen im Hünxe-Prozeß gefordert

■ Die Staatsanwaltschaft will Haftstrafen von vier bis neun Jahren für Brandanschlag auf Asylbewerber

Berlin (taz) — Im Duisburger Prozeß gegen die drei jugendlichen Attentäter von Hünxe forderte Staatsanwalt Martin Hein am Montag im vollbesetzten Schwurgerichtssaal des Duisburger Landgerichts Haftstrafen zwischen vier und neun Jahren. Den Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim am 3.10.1991, bei dem zwei libanesische Mädchen teilweise lebensgefährliche Verbrennungen erlitten hatten, bezeichnete Hein als „teuflische Tat“. Nur der medizinischen Kunst sei zu verdanken, daß die achtjährige Zeinap nicht an den Verbrennungen gestorben sei. Sie wird ihr Leben lang enstellt bleiben. In der Nacht zum Tag der deutschen Einheit waren die Täter mit benzingefüllten Molotow- Cocktails zum Hünxer Asylbewerberheim gefahren und hatten zwei Brandsätze gegen das Haus und einen weiteren auf ein Auto geschleudert. Ein Molotow-Coktail durchschlug ein Fenster im Erdgeschoß und setzte das Bett, in dem Zeinap und ihre Schwester schliefen, in Brand. Zwei weitere Kinder der Familie konnten sich fast unverletzt retten.

Zwei der 18 und 19 Jahre alten Täter, Volker L. und Jens G., so Hein, seien wegen versuchten Mordes zu verurteilen. Sie hätten zur Tatausführung erhebliche kriminelle Energie aufgewendet und zumindest zum Tatzeitpunkt billigend „die Tötung ihnen unbekannter Menschen in Kauf genommen“. Den dritten, Andr C., wertete Hein als „geborenen Mitläufer“ und forderte für ihn vier Jahre Haft wegen menschengefährdender Brandstiftung. Der Staatsanwalt sah als erwiesen an, daß Andr C. im letzten Moment seinen benzingefüllten Molotow-Cocktail nicht gegen das Heim, sondern auf ein davor parkendes Auto geworfen hatte. Die Motivation der Angeklagten sei eindeutig in ihrem „rechtsradikalen Gedankengut“ zu suchen. Schon vor der Tat sei in der Skin- Clique, der die Täter angehörten, darüber geredet worden, nach dem „Vorbild“ von Hoyerswerda „Asylanten zu schocken“. Dies hätten Jens G., Volker L. Und Andr C. Nach einer Skin-Fete dann umgesetzt. Daß er für die beiden Haupttäter nicht die Höchststrafe von zehn Jahren fordere, die das Jugendstrafrecht für Mordversuch vorsieht, begründete Hein mit dem Alkoholkonsum der Jugendlichen, durch den ihre Steuerungsfähigkeit möglicherweise beeinträchtigt gewesen sei.

Der Vertreter der als Nebenkläger auftretenden Familie Saado, Michael Gödde, forderte für alle drei Angeklagten neun Jahre Haft. Er hielt dem Gericht vor, die Angeklagten nicht ausreichend zu ihrer politischen Gesinnung befragt zu haben. „Die Wurzeln dieser Tat liegen in der fanatischen Ausländerfeindlichkeit der jungen Männer“, sagte Gödde. Obwohl sie, wie sie während der Verhandlung immer wieder betont hatten, betrunken gewesen seien, hätten sie die Tat kontrolliert geplant und ausgeführt. Alle juristisch relevanten Mordmerkmale, das der Heimtücke, der Einsatz gemeingefährlicher Mittel und niedrige Beweggründe, seien erfüllt. Die Verteidiger der Angeklagten werden ihre Plädoyers am kommenden Freitag halten. Mit dem Urteil ist in der nächsten Woche zu rechnen. Bettina Markmeyer