INTERVIEW
: Schlichte Geschichten

■ Zweimal Folkrock aus den Vereinigten Staaten: The Silos und Barbara Manning kommen ins Loft

Unspektakulär« und »schön« sind abgegriffene Floskeln. Und doch läßt sich die Musik der Silos kaum treffender charakterisieren. Die Lieder ihrer jüngst erschienenen vierten LP »Hasta La Victoria!«, minimal instrumentiert und auf die musikalische Essenz reduziert, sind Songs im wahrsten Sinne des Wortes: schlichte Geschichten, in ein folkloristisches Gewand aus griffigen Melodien verpackt, rauh gespielt und mit Leidenschaft vorgetragen. Hauptfigur der amerikanischen Band ist der Exilkubaner Walter Salas-Humara. In unserem Interview erzählt er über die Arbeitsweise der Silos

taz: Was macht einen guten Song für dich aus?

Walter Salas-Humara: Meine Texte kommen normalerweise aus persönlichen Erfahrungen und schildern stinknormale Erlebnisse im Alltag. Dabei ist für mich auch immer wichtig, daß die Worter »für sich klingen«, daß die Texte selbst schon musikalisch sind. Ich habe ein Buch, darin notiere ich Verse, Phrasen, Skizzen, alles mögliche. Damit spiele ich dann herum und arbeite die Songs gewöhnlich mit der Bandmaschine aus. Zuerst als Basis die Drums, manchmal mit dem Drumcomputer, obwohl das Schlagzeug eigentlich mein Hauptinstrument ist. Ich komponiere oft vom Schlagzeug aus Songs, die hauptsächlich aus Rhythmen und Harmoniewechseln aufgebaut sind. Dann versuche ich, mit wenig Akkorden eine durchgehende Melodie zwischen Strophe und Gesang zu entwickeln.

Auf der Platte spielst du nur die Gitarren?

Nein, ich spielte auf einigen Songs auch Schlagzeug, manchmal sogar ein wenig Piano. Es ist nicht gut, wenn man immer auf demselben Instrument und mit derselben Melodie arbeitet, besonders, wenn man schon vier oder fünf Platten hinter sich hat.

Selbst deine melancholischen Songs klingen noch recht hoffnungsvoll.

Ja, ich sehe keinen Grund, nicht optimistisch zu sein. Ich hasse Pessimismus.

Wieviel Einfluß haben die anderen?

Ich sage ihnen nicht, was sie tun sollen, ich spiele einfach mein Zeug. Die aktuelle Besetzung ist J.D. Foster am Bass und Brian Doherty am Schlagzeug. Kenny Margolis spielt Keyboards, Amy Allison singt, und Mary Rowell spielt Fiddle. Sie ist wirklich phantastisch. Auf der Platte sind ja kaum Soli, aber »live« strecken wir natürlich die Songs und improvisieren viel.

Deine Stimme erinnert mich an Leonard Cohen, die Musik klingt stellenweise nach The Band. Was hörst du selber für Musik?

Als ich jung war, hörte ich ziemlich viel Hardrock, natürlich Punk, dann lief bei mir ständig Exile On Mainstreet von den Stones, The Family, Fairport Convention, Sex Pistols, Clash, R.E.M., neuerdings auch Mathew Sweet. Ich gehe oft in Konzerte und schaue, was so läuft.

Denkst du an die Zukunft?

Ich versuche, nicht daran zu denken, weil sie für mich keine Bedeutung hat. In Amerika hat die konservative Regierung in den letzten Jahren soviel Mist gemacht. Vielen Jugendlichen ist es vollkommen egal, wer Präsident ist und wer sie repräsentiert. Mein Rat kann deshalb nur sein, nachzudenken, aufzupassen und mitzuverfolgen, was überhaupt im eigenen Land passiert.

Im Vorprogramm wird eine Sängerin zu hören sein, die schon alleine für einen Konzertbesuch gut ist. Mit dem letzten Album One Perfekt Green Blanket hat Barbara Manning aus Kalifornien durchweg gute Kritiken geerntet: düster-besinnlichen Folkrock, der sicherlich gut auf Salas-Humara und Co. einstimmen wird. Interview: Peter Bickel

Heute 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz 5