■ AUS POLNISCHER SICHT: Rien ne va plus!
Ein weiterer, wichtiger Schritt ist in Polen getan worden, um das Land endlich ausländerfrei zu machen. Nach bescheidenen Versuchen einiger Minister und Behörden, hat jetzt das — bislang selten zu irgendeiner Entscheidung fähige — Parlament zugeschlagen: Das ausländische Kapital soll sich aus dem Spielcasinogewerbe zurückziehen. Manche notorische Nörgeler meinten zwar, daß — während es im Prinzip richtig sei, eine so lukrative Sparte zu kontrollieren — eine solche Maßnahme einen Bruch der Verträge und einen Vertrauensverlust für das Land bedeute. Macht nichts! Wozu braucht denn Polen ausländisches Geld? Man hat doch schon vor einigen Jahren bewiesen, daß die inländische Notenpresse genug Scheine liefern kann: im Notfall wird doch eine Milliardenbanknote mit dem Konterfei des Präsidenten Walesa gedruckt (derzeit zählt man auf dem wertvollsten Schein sechs Nullen nach der eins).
Hauptsache, diese frechen Deutschen, die Schlitz- Augen, die Neger, die Yankees, die Makaronifresser und vor allem die Juden lassen unser ruhmreiches und frommes Land zufrieden! Nicht nur in Spielcasinos heißt es demnächst »Rien ne va plus«, auch einige Bankbeteiligungen, Versicherungsgeschäfte, Kreditgesellschaften werden sich sicherlich aus dem Land zurückziehen in der — wohl richtigen — Annahme, daß die Polen wirtschaftlich lebensmüde sind und daß man, den freien Willen erwachsener Menschen respektierend, die Friedhofsruhe auf dem polnischen Markt nicht stören sollte.
Als die USA 1982 die Wirtschaftssanktionen gegen das kommunistische Militärregime in Warschau verhängt haben, antworteten die tapferen Gerneräle mit Gegensanktionen. Es war zwar grotesk, im Vergleich aber mit den neuesten Leistungen der III. Republik eine harmlose Geste, ohne schädlichen Einfluß auf die Lage der polnischen Ökonomie.
P.S.: Tausche einen blauen Aufkleber »Atomkraft? — Nein danke!« gegen einen »Wojtyla? — Nein danke!«, Farbe Lila. Piotr Olszowka
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